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Historisches Knirschen

Männer auf Kies Foto: reuters

Von Andrew Müller

In manchen Situationen wird jedes Detail zum Symbol. Als sich die Machthaber der beiden seit über 70 Jahren verfeindeten koreanischen Staaten am 27. April 2018 an der Grenze ihrer Länder trafen, war das so ein historischer Moment. Südkoreas Präsident Moon Jae-In kam von der einen Seite, das oft belächelte nordkoreanische Staatsoberhaupt Kim Jong-Un von der anderen. Beide wirkten gut gelaunt, reichten einander feierlich die Hand. Ein paar nette Worte, dann die Einladung Moons an Kim, die Grenze zu übertreten. Der überschritt – war da ein Zögern? – die heikle Betonschwelle und ließ den Kies auf südkoreanischer Seite knirschen. Als erster nordkoreanischer Machthaber seit dem Ende des Koreakrieges, der von 1950 bis 1953 wütete.

Nachdem – auch das ist historisch und war nicht geplant – Moon ebenfalls kurz die Demarkationslinie symbolisch in Richtung Norden übertrat, liefen beide den südkoreanischen Kiesweg entlang. Zwischen hellblau gestrichenen Baracken hindurch, bis ein großer roter Teppich den Kies ablöste und zu einer aufwendigen Militärparade führte.

Es folgte eine gemeinsame Stellungnahme: Nuklearabrüstung, Friedensvertrag, Annäherung. Was genau der Impuls zu diesem Schritt war und wie nachhaltig der ist, ist bis heute umstritten: Musste das wirtschaftlich schwache Nordkorea sich lediglich den US-Sanktionen beugen? Bricht Kim seine Versprechen nicht doch wieder? Diese Fragen wird hoffentlich das Jahr 2019 beantworten – und zeigen, wie historisch der Kiesmoment wirklich gewesen ist.

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