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Ohne Schirm, Charme und Melone

Wo Trump war, wird jemand aufräumen müssen Foto: afp

Von Jan Pfaff

Was hat eigentlich der US-Präsident dieses Jahr gemacht? Es ist ja nicht so, dass Donald Trump zu wenig in den Nachrichten gewesen wäre. Der Gipfel mit Kim Jong Un, die Kündigung des Iran-Abkommens, seine Rants gegen kniende Footballspieler, dazu ständiges Hire-and-Fire im Weißen Haus und das tägliche Twitter-Gewitter. Und trotzdem, von den ganzen Textfetzen und Bildern bleibt am Ende erstaunlich wenig im Gedächtnis hängen.

Mit einer kurzen Videoszene, die Ende Oktober durchs Netz rauschte, ist das anders. Sie bleibt. Sie zeigt Trump, wie er im Regen mit einem schwarzen Schirm die Gangway zur Air Force One hinaufgeht, und als er durch die Flugzeugtür tritt, nicht wie jeder andere Mensch den Schirm zusammenklappt, sondern ihn aufgespannt durch die Tür nehmen will – und ihn dann einfach hinter sich fallen lässt.

Die Kommentare auf Twitter und Facebook waren schnell geschrieben. Trump ist zu dumm, einen Regenschirm zu benutzen, haha, hihi.

Das Lachen ist die Rache der Machtlosen, die Netzwitzeleien über Trump sind ein Ventil, ein Ersatz für den mittelalterlichen Hofnarren, der sich als einziger über den König lustig machen durfte. Der König aber blieb der König. Es ist in diesem Fall aber auch ein Lachen, das am Kern der Sache vorbeigeht. Die Szene zeigt einen – zugegeben: ungeschickten – Mann, sie zeigt aber vor allem jemanden, der es gewohnt ist, dass man hinter ihm herräumt. Jemanden, dem es völlig egal ist, was aus Dingen und Menschen wird, die er nicht mehr braucht – und deshalb ist der verlassene Regenschirm, der vor der Flugzeugtür von Windstößen hin- und hergedreht wird, eine Metapher für Trumps Art, Politik zu machen. Am Ende werden andere all das, was er anrichtet, wieder aufräumen müssen.

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