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Kongo, Hort des Krieges

Als Denis Mukwege am Montag vergangener Woche im vollbesetzten Festsaal des Nobelpreiskomitees in Oslo zu seiner Rede ansetzte, wurde es mucksmäuschenstill im Saal. „Mein Land wird systematisch geplündert unter Komplizenschaft von Leuten, die sich als unsere Führer ausgeben“, klagte der kongolesische Gynäkologe und Menschenrechtsaktivist seine Regierung an. „Geplündert auf Kosten von Millionen unschuldiger Männer, Frauen und Kinder, die in extremer Armut im Stich gelassen werden, während die Gewinne aus unseren Mineralien in den Taschen einer räuberischen Oligarchie landen“, sagte der Friedensnobelpreisträger. Als Grund für die extreme Gewalt gegen Frauen nannte Mukwege die allgemeine Straflosigkeit.

Die Verleihung des Friedensnobelpreises hat in den vergangenen Wochen viel Aufmerksamkeit auf die Lage in dem Bürgerkriegsland Demokratische Republik Kongo gelenkt. Der 63-jährige Pastor und gelernte Gynäkologe Denis Mukwege hatte 1999 das Panzi-Krankenhaus in der ostkongolesischen Stadt Bukavu gegründet und in den vergangenen knapp 20 Jahren über 80.000 vergewaltigte und schwer verletzte Frauen und Mädchen behandelt.

Die sexuelle Gewalt ist im Osten des Landes besonders ausgeprägt, weil hier Krieg und Gewalt seit über 20 Jahren allgegenwärtig sind. Einige Analysten erklären sich das Phänomen auch mit dem Einmarsch ausländischer Truppen während des Krieges. Andere verorten die Ursachen mitunter in den traditionellen sexuellen Praktiken der dortigen Ethnien, in welchen der Dorfvorsteher lange Zeit das Recht der ersten Nacht gegenüber den Frauen des Clans besaß.

Doch ohne den Faktor Krieg und die Brutalisierung der männlichen Bevölkerung ist die ausufernde sexuelle Gewalt nicht zu erklären. Diese geht immer einher mit anderen Gewalt­exzessen, von der Folter bis hin zum Kannibalismus. Mittlerweile ist zumindest im Osten des Landes eine ganze Generation mit Straflosigkeit und Krieg erwachsen geworden. Kindersoldaten sind zu Kommandeuren von Milizen herangewachsen.

Christine Schuler-Deschryver ist stellvertretende Präsidentin in der Panzi-Stiftung, die das Krankenhaus unterhält, und kämpft als gebürtige Kongolesin seit ihrer Kindheit für die Rechte der Frauen im Kongo. Sie ist die Tochter eines Belgiers und einer kongolesischen Mutter. Unterstützung erhielt sie von der US-Schriftstellerin und Dramaturgin Eve Ensler, die mit ihren „Vagina-Monologen“ über ihre eigenen Vergewaltigungserfahrungen als Kind bekannt geworden ist.

Rechtzeitig zur Verleihung des Friedensnobelpreises hat in der Stadt Goma der erste Prozess gegen zwei Miliz-Kommandeure begonnen, die 2011 für die Massenvergewaltigungen im Dorf Luvungi angeklagt wurden. Damals wurden über 350 Frauen in vier Tagen systematisch vergewaltigt, vom zweijährigen Mädchen bis zur 80-jährigen Großmutter. Milizchef Ntabo Ntaberi Cheka und der ruandische Hutu-Kommandeur Séraphin Lionceau müssen sich für ihre Taten verantworten. Der Prozess ist ein wichtiger Schritt gegen die Straflosigkeit.

Simone Schlindwein

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