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Knabes schnelles Comeback

Der Ex-Gedenkstättenleiter könnte nach einem Gerichtsbeschluss vorerst zurückkehren

Der freigestellte Direktor der Stasiopfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, darf per Gerichtsentscheid vorerst auf seinen Posten zurückkehren. Medienberichten zufolge hat das Landgericht Berlin Ende der Woche per einstweiliger Verfügung entschieden, Knabe mit sofortiger Wirkung wieder als Direktor der Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen einzusetzen und die Geschäfte der Stiftung nach Maßgabe der Gesetze vorläufig weiterführen zu lassen. Bei Zuwiderhandlung droht das Gericht Kultursenator Klaus Lederer (Linke) als Stiftungsratsvorsitzenden ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000 Euro an. Ersatzweise kann der Senator in Ordnungshaft genommen werden.

Knabe war am 25. September im Zuge von Vorwürfen gegen den Vize-Gedenkstättendirektor Helmuth Frauendorfer vom Stiftungsrat der Gedenkstätte einstimmig von seinen Aufgaben entbunden worden. Frauendorfer soll Mitarbeiterinnen sexuell belästigt haben und hatte die Vorwürfe zum Teil eingeräumt. Er wurde beurlaubt. Der Stiftungsrat unter dem Vorsitz von Lederer warf Knabe vor, nicht entschieden genug gegen die sexuelle Belästigung von Frauen durch seinen Vize vorgegangen zu sein, und stellte ihn ebenfalls frei. Diese Freistellung hat das Gericht nun aufgehoben. Gegen den Beschluss kann Widerspruch eingelegt werden.

Laut Tagesspiegel will Lederer in Absprache mit Bundeskulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) alle rechtlichen Möglichkeiten prüfen lassen, um die aktuelle Eilentscheidung des Gerichts anfechten zu lassen. Knabes Kündigung zum 31. März 2019 soll von der einstweiligen Verfügung nicht betroffen sein. Allerdings muss er bis dahin bereits von Montag an weiter beschäftigt werden.

Grütters und Lederer in der Kritik

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Arnold Vaatz begrüßte die Entscheidung des Gerichts. Der ehemalige DDR-Bürgerrechtler aus Dresden gehört zu einem Kreis von Kritikern, die hinter der Freistellung Knabes eine politische Intrige der Linkspartei vermuten. Wie nur wenige andere Historiker habe Knabe immer wieder auf die Verbrechen der SED hingewiesen, erklärte Vaatz am Sonntag. Mit fadenscheinigen Begründungen habe der Kultursenator versucht, „ihn deshalb aus dem Weg zu räumen“. „Offensichtlich hat er damit gegen geltendes Recht verstoßen“, so Vaatz.

Auch die Berliner FDP begrüßte den Gerichtsbeschluss. „Die Entscheidung zur Aufhebung der Freistellung ist ein deutliches Signal dafür, dass dem unbequemen Gedenkstättenleiter eben doch aus politischen Gründen der Stuhl vor die Tür gestellt wurde“, sagte Stefan Förster, Sprecher für Wissenschaft und Forschung. Knabe selbst hatte die Vorwürfe gegen ihn zurückgewiesen und erklärt, er habe seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „immer fair und respektvoll behandelt“.

Einen Nachfolger für Knabe soll eine Kommission unter Leitung von Monika Grütters finden. Der Stiftungsrat hatte nach der Freistellung Knabes die frühere Chefin der Stasi-Unterlagenbehörde, Marianne Birthler, als Vertrauensperson eingesetzt. Die Stasiopfer-Gedenkstätte wird vom Bund und dem Land Berlin gemeinsam finanziert. (epd)

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