: „Das Tier wurde 40 Mal geschockt“
Kameras helfen nicht gegen Tierquälerei in Schlachthöfen, sagt Jan Peifer vom Deutschen Tierschutzbüro
Jan Peifer, 38, ist Vorsitzender des Deutschen Tierschutzbüros. Heute stellt er neue, heimliche Videoaufnahmen aus einem Schlachthof in Laatzen vor.
Interview Andrea Maestro
taz: Herr Peifer, was halten Sie davon, dass Schlachthöfe selbst Kameras aufhängen sollen, um Tierquälerei zu verhindern?
Jan Peifer: Das ist kurz gedacht. Wenn man tatsächlich jeden Winkel eines Schlachthofes filmen wollte, bräuchte man 50 bis 100 Kameras. Und dann ist die Frage, wer das Bildmaterial sichtet. Wir fänden es sehr fraglich, wenn es der Schlachthof selbst täte.
Die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) meint, dass es eine abschreckende Wirkung hat, wenn Kontrolleure die Aufzeichnungen ansehen könnten.
Wenn dann müsste das Veterinäramt dauerhaft hinschauen. Es bringt nichts, eine Aufzeichnung zu haben und kein Mensch guckt sie an. Aktuell liegt uns Bildmaterial aus einem Schlachthof in Laatzen in der Nähe von Hannover vor, das erneut Tierquälerei zeigt. Schweine werden dort unzulässigerweise mit Elektroschockern getrieben – obwohl dieser Schlachthof videoüberwacht ist.
Wie wurden die Schweine gequält?
Der Schlachthof ist relativ groß. Die Tiere werden angeliefert und müssen danach dorthin gehen, wo sie betäubt und getötet werden. Wir haben ein Tier auf den Bildern gesehen, das 40 Mal geschockt worden ist. Der Elektrotreiber darf aber nur als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn ein Tier fest steht, um es voran zu treiben – und auch nur für eine Sekunde.
Sind einzelne Mitarbeiter grausam?
Da sind immer mehrere Leute involviert. Man kann mit Blick auf die Veröffentlichungen der letzten Monate nicht mehr von einzelnen schwarzen Schafen reden.
Was müsste Otte-Kinast verändern, wenn es nicht die Videoüberwachung ist?
Meines Erachtens müsste man das ganze System Schlachthof infrage stellen.
Und die Tiere auf der Weide schlachten?
Aus unserer Sicht als Tierrechtsorganisation, sollte man gar keine Tiere schlachten.
Das scheint nicht realistisch. Was kann die Ministerin am Ist-Zustand verbessern?
Wahrscheinlich müsste sie ohne Ende unabhängige Kontrolleure einstellen. Konsequent wäre das aber nicht. Jeder Verbraucher muss sich bewusst sein, dass eine Tötung eines Tieres immer ein Gewaltakt ist. Das wird niemals schön sein, selbst wenn man sich an das Gesetz halten würde.
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