Wetter oder Klima?

Dürre hier, Starkregen dort: Es gibt eine gemeinsame Ursache – der Jetstream wird schwächer. Grund ist vermutlich die Erderwärmung

„Wenn dasselbe Wetter wochenlang anhält, dann kann in einer Region aus sonnigen Tagen eine heftige Hitzewelle werden, oder Dauerregen führt zu Fluten“

Stefan Rahmstorf, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Es sind historische Werte, die derzeit am Rhein gemessen werden: Vielerorts ist der Pegel niedriger als im Rekordsommer 2003. Grund ist der Niederschlagsmangel, der in diesem Sommer schon zur Dürre auf den Feldern und Rekordbesuchen in Freibädern geführt hat. Doch nicht nur in Deutschland gibt es aktuell ­extremes Wetter. In Kalifornien führte außergewöhnliche Trockenheit zu verheerenden Waldbränden, Italien hingegen leidet aufgrund von Rekordregenfällen unter massiven Überschwemmungen.

Ob es einen Zusammenhang zwischen diesen Wetterextremen gibt – und ob sie mit der globalen Erderwärmung im Zusammenhang stehen –, ist nicht eindeutig zu beweisen. Denn kein einzelnes Wetterereignis kann auf eine einzelne Ursache zurückgeführt werden, und starke Dürren und Überflutungen gab es auch schon in der Vergangenheit. Viele Klimaforscher halten einen Zusammenhang aber für sehr wahrscheinlich. Denn ihre Klimamodelle lassen genau eine solche Häufung von Wetterextremen erwarten, wie sie nun eingetreten ist. Und dafür gibt es eine gute Erklärung.

Eine wichtige Rolle für das Wetter in den gemäßigten Breiten – das sind die Gebiete zwischen den Tropen und der Polarregion, in denen etwa weite Teile Europas und der USA liegen – spielt der sogenannte Jetstream. Dieser starke Westwind in etwa zehn Kilometer Höhe sorgt nicht nur dafür, dass Flugreisen von Nordamerika nach Europa oft eine Stunde kürzer dauern als in Gegenrichtung. Der Jetstream sorgt normalerweise auch für regelmäßige Wetterwechsel. „Er verlagert die Hochdruck- und die Tiefdruckgebiete“, erklärt ARD-Meteo­rologe Karsten Schwanke. Damit bewirkt der Luftstrom im Normalfall einen häufigen Wechsel zwischen trockenen und feuchten Wetterphasen.

In den letzten Jahren beobachten Meteorologen jedoch eine Veränderung des Jetstreams: Seine wellenartige Bewegung ist zeitweise verlangsamt oder kommt völlig zum Erliegen – so auch derzeit: „Er ist praktisch nur in Fragmenten vorhanden“, sagt Schwanke. Damit entfällt der gewohnte Wetterwechsel – und das hat Folgen, erklärt Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: „Wenn dasselbe Wetter wochenlang anhält, dann kann in einer Region aus sonnigen Tagen eine heftige Hitzewelle werden, oder Dauerregen führt zu Fluten.“

Dass sich der Jetstream verlangsamt, hat indirekt mit dem weltweiten Temperaturanstieg zu tun, der durch den Anstieg der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre verursacht wird. Die Temperatur steigt nicht gleichmäßig an, sondern in der Arktis stärker als in den Tropen. Der Temperaturunterschied zwischen diesen Regionen ist aber die wichtigste Antriebskraft des Jetstreams; die stärkere Erwärmung der Arktis führt damit zu dessen Abschwächung.

Noch sind die Zusammenhänge nicht in allen Details klar, berichtet das Potsdamer Institut. Doch Computermodelle zeigen deutlich, dass die Veränderungen in den planetaren Winden erst in den letzten vier Jahrzehnten aufgetreten sind. Für Dim Coumou von der Universität in Amsterdam steht darum fest: „Wir können die Risiken der Zunahme von Wetterextremen begrenzen, wenn wir unseren Ausstoß von Treibhausgasen begrenzen.“

Malte Kreutzfeldt