: „Die CSU muss mit uns regieren“
Hubert Aiwanger rechnet fest damit, künftig der zweite Mann im Freistaat zu werden und wartet auf ein Koalitionsangebot der CSU. Ein Ministerium hat sich der Freie-Wähler-Chef schon ausgesucht
Geschichte: Hubert Aiwanger hat die Partei vor zehn Jahren in den bayerischen Landtag geführt. Der Freistaat ist bislang das einzige Land, in dem die Partei auf Landesebene eine Rolle spielt.
Profil: Die FW betrachten sich als Vertreter der sogenannten kleinen Leute und deren Probleme: die Bürokratie in der Gastronomie oder die Qualität von Polizeiuniformen zum Beispiel.
Personal: Aiwanger wird vorgeworfen, er habe die Freien Wähler zur One-Man-Show gemacht. Spätestens bei einer Regierungsbeteiligung würde er weitere Frontmänner benötigen. Einer davon soll der ehemalige Fernsehrichter Alexander Hold werden.
Interview Dominik Baur
taz: Und? Gibt’s jetzt Freibier für alle, Herr Aiwanger?
Nein, Bier nicht, aber so manche Befreiung für die Bürger wird es schon geben. Zunächst einmal wollen wir sie von den Kita-Gebühren befreien. Das ist unsere nächste große Befreiungsaktion nach den Studiengebühren und den Straßenausbaubeiträgen.
Aber die CSU hält Ihnen doch immer Freibiermentalität vor?
Ich muss zugeben: Mit Freibier kennt sich die CSU aus. Früher haben sie damit Wahlen gewonnen. Dann haben sie aufgehört, Freibier auszuschenken – und schon haben sie verloren.
Und Sie als Koalitionspartner gewonnen?
Zumindest ist die Ausgangslage für eine bürgerliche Zweierkoalition optimal. Die habe ich ja seit Monaten vorausgesagt. Ich war immer der Meinung, dass es auch ohne die FDP reichen wird. Das ist jetzt offenbar der Fall. Jetzt muss die CSU mit uns regieren. Was sollte es da für eine andere Möglichkeit geben?
Na ja, Schwarz-Grün.
Nein, mit den Grünen kann uns die CSU nicht erpressen. Die sind so weit auseinander, das kann doch nicht funktionieren.
Eventuell könnte es sogar mit der SPD reichen.
Mit der SPD? Na, dann viel Spaß! Nein, ich bin da sehr gelassen. Söder wird’s mit uns machen, er wird’s bürgerlich machen.
Der Münchner Merkur schreibt, Sie hätten am Abend schon geheime Absprachen mit Markus Söder getroffen.
Geheim war da gar nichts. Er ist mir im Landtag mehrfach in die Arme gelaufen. Und er stand in zwei Podiumsrunden neben mir. Das war alles ganz öffentlich. Und da hat er ja auch durchblicken lassen, dass ihm eine bürgerliche Koalition das Liebste wäre. Jetzt macht er wohl heute seine Vorstandssitzung, und dann werden die sich bei uns melden. So schätze ich das ein.
Ihr großer Vorteil ist: Anders als Grüne und SPD haben Sie keine Vorbehalte gegen Ministerpräsident Markus Söder. Sie schrecken vor nichts zurück, oder?
Doch, vor einigen Dingen schon. Ich habe Söders unüberlegte Aktionen schon immer in die Schranken verwiesen. Auch seine übertriebenen Großprojekte werden wir ihm künftig nicht durchgehen lassen. Denken Sie nur an das Weltraumprogramm, die Bavaria One! Mich stört es auch, wenn Söder ohne jede Rücksprache eine bayerische berittene Polizei ausruft oder eine Grenzpolizei verkündet. Da muss man schon vorher mit den Betroffenen reden. Das ist kein Regierungsstil. Solche Manöver werden wir nicht dulden.
Wenn es nun tatsächlich zur schwarz-orangefarbenen Koalition kommen sollte: Welches Ministerium hätten Sie denn gern?
Hört sich an wie: „Welches Schweinderl hätten S’ denn gerne?“ – wie bei Robert Lembke. Wir wollen natürlich das Thema Heimat im weitesten Sinne politisch beackern. Dabei müssen wir Bayern ganz neu denken – von der Fläche her. Da ist in den letzten Jahren nicht viel vorwärtsgegangen. Wir müssen den ländlichen Raum stärken, um die Städte zu entlasten. Da geht es um schnelles Internet, aber auch um die Energiewende und den Erhalt der Landwirtschaft. Das müssen wir neu justieren.
Sprich: Sie würden gern Heimatminister werden?
Auf alle Fälle das Thema beackern, ja!
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