: Gesund gerechnet
Die Verbraucherzentralen kritisieren die freiwilligen Portionsangaben auf Lebensmitteln. Aussagekräftig sei allein der Kaloriengehalt pro 100 Gramm
Angaben zur Zusammensetzung und den Nährwerten von Lebensmitteln sind für die Verbraucher eine wichtige Orientierungshilfe beim Einkaufen. Doch die Hersteller versuchen die gesetzlichen Vorgaben immer wieder zu unterlaufen.
Nun hat das Landgericht Bielefeld einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) stattgegeben und der Dr. Oetker Nahrungsmittel KG untersagt, auf der Vorderseite von Müsli-Verpackungen die Nährwertinformationen lediglich für eine Mischportion aus Müsli und fettarmer Milch anzugeben. Das sei nur zulässig, wenn zusätzlich der Kaloriengehalt pro 100 Gramm des Produkts genannt werde, urteilte das Gericht.
Konkret ging es um die Nährwert-Angaben eines Schoko-Müslis. Auf dessen Vorderseite werden die Nährwerte für eine 100-Gramm-Portion aus 40 Gramm Müsli und 60 Millilitern Milch mit 1,5 Prozent Fettanteil genannt. In dieser Mischung liegt der Energiewert bei nur 208 Kilokalorien. Laut der gesetzlich vorgeschriebenen Nährwerttabelle, die auf der rechten Produktseite abgebildet ist, liegt der Energiewert pro 100 Gramm allerdings bei – relativ hohen – 448 Kilokalorien.
Für einen Vergleich mit anderen Lebensmitteln sei allein der Kaloriengehalt pro 100 Gramm des Produkts „aussagekräftig“, kritisiert Susanne Einsiedler, Rechtsreferentin beim vzbv. „Hersteller versuchen immer wieder, den hohen Kaloriengehalt von Lebensmitteln zu verschleiern. Das tun sie zum Beispiel, indem sie den Energiewert für kleine Portionen oder für eine Mischung mit kalorienarmen Produkten hervorheben.“
Hintergrund ist, dass die Hersteller seit Ende 2016 Angaben zu den Nährwerten ihrer Produkte auf die Verpackungen drucken müssen. Das soll Verbrauchern eine Orientierung geben. Verpflichtend ist zum Beispiel der Fett- oder Kohlenhydratgehalt pro 100 Gramm oder 100 Milliliter. Daneben können die Hersteller freiwillig Nährwertangaben pro „Portion“ machen.
Bereits im Vorjahr haben die Verbraucherzentralen zu den Portionsgrößen einen Test mit rund 1.500 Personen durchgeführt. Dabei aßen die Testpersonen deutlich mehr Chips und Müsli als die Mengen, welche die Hersteller in ihren Portionsangaben genannt hatten. „Nach unserer Auffassung rechnen die Hersteller ihre Produkte mit den Mini-Portionen ‚gesund“, kritisierten die Verbraucherschützer. Stattdessen fordern sie die Einführung einer farblichen Nährwertkennzeichnung in Deutschland, wie sie es in anderen Ländern bereits gibt. (OS)
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