Gutes Geschäft für Vattenfall

Grüne beharren auf vollständiger Rekommunalisierung des Fernwärmenetzes gemäß Volksentscheid

„Wir fühlen uns dem Volksentscheid und dem Koalitionsvertrag verpflichtet“

Anna Gallina, Parteichefin der Grünen

Von Sven-Michael Veit

Das Dementi ist eindeutig: „Es bleibt grünes Ziel, das Fernwärmenetz zu 100 Prozent in städtischen Besitz zu übernehmen“, sagt Martin Bill, der Vize-Vorsitzende der Hamburger Grünen. Ein Zeitungsbericht, wonach der Landesausschuss der Grünen beschlossen habe, sich mit einer 51-Prozent-Beteiligung an der Fernwärmegesellschaft des Energiekonzerns Vattenfall zufrieden zu geben, sei „eine Ente“, so Bill. „Einen solchen Beschluss gibt es nicht.“

Wenn doch, wäre das „ein Bruch des Volksentscheids“, sagt Gilbert Siegler vom Hamburger Energietisch, einem Bündnis für den raschen ökologischen Umbau der Hamburger Fernwärmeversorgung. 2013 hatten die HamburgerInnen mit knapper Mehrheit beschlossen, dass die Stadt die Versorgungsnetze für Strom, Gas und Fernwärme zu 100 Prozent rekommunalisieren soll. Beim Strom- und Gasnetz ist dies bereits geschehen, die Fernwärme soll zum 1. Januar 2019 folgen.

Strittig zwischen der Stadt und Vattenfall ist zurzeit vor allem der Kaufpreis, die Verhandlungen laufen unter Hochdruck, bis zum 30. November muss der Kauf klar gemacht werden. Einen Beschluss dazu habe die Partei aber nicht gefällt, erklärt die grüne Landesvorsitzende Anna Gallina: „Das stand auch gar nicht an, da wir uns dem Volksentscheid und dem Koalitionsvertrag verpflichtet fühlen.“

Vertraglich hatte die Stadt Vattenfall einen Mindestpreis von 950 Millionen Euro zugesichert, neuere Gutachten beziffern inzwischen den Wert des Netzes auf nur noch 645 Millionen Euro. Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) würde dennoch den höheren Preis zahlen. Denn würde Hamburg das Fernwärmenetz nicht jetzt rekommunalisieren, könnte Vattenfall es in einigen Jahren zu Marktpreisen feilbieten. Um zu verhindern, dass das Netz an fragwürdige internationale Investoren verhökert werde, müsste die Stadt dann ihr Vorkaufsrecht wahrnehmen – zu Weltmarktpreisen.

2017 hätten Versicherungsunternehmen für eine Beteiligung an dem Wärmeversorger Steag in Essen „deutlich mehr als den Buchwert“ gezahlt, ruft Kerstan in Erinnerung. In einem solchen Fall müsste Hamburg für das Fernwärmenetz von Vattenfall vermutlich „deutlich mehr als den Mindestpreis“ zahlen.

Das möchte Kerstan gern verhindern. Und außerdem, sagt er, könnte die Stadt, wenn sie wieder alleinige Herrin über alle drei Energienetze wäre, „endlich eine Energiepolitik aus einem Guss machen, die sich an Klimaschutz und Verbraucherinteressen orientiert, statt an Konzernrenditen“.