piwik no script img

ImAzubi-Himmel?

Berlins Wirtschaft boomtund Fachkräfte werden Mangelware. Immer mehr Betriebe suchen dringend Auszubildende. Das ver-bessert die Chancen auchfür schlechtereSchulabgängerInnen, eine Lehrstelle zu finden.Dennoch stehen zu Beginn des Ausbildungsjahrs6.700 Jugendlichen auf Lehrstellensuche in Berlin noch 5.700 unbesetzte Ausbildungsplätzegegenüber.Woran liegt das?

Vivien Pankatz macht ihre Ausbildung im Himmel über Berlin: Sie reinigt den Fernsehturm Foto: André Wunstorf

Von Anna Klöpper

Nachts, wenn die Touristen schlafen, steht Vivien Pankatz auf der Panoramaplattform des Fernsehturms und wischt die fettigen Fingerabdrücke der Tagesgäste von den Linsen der Ferngläser. Sie putzt den Fußboden im Restaurant, sie kippt Reiniger in die Toiletten und wischt den Tresen der Panoramabar, bis er glänzt. Um halb eins ist die Azubi dafür Sonntagnacht mit einer erfahrenen Kollegin an ihrer Seite im Fahrstuhl die gut 200 Meter nach oben gedüst. Drei Stunden hatten sie für das Restaurant, „wir lagen echt gut in der Zeit“, sagt Pankatz, dann haben sie sich gegen halb vier Uhr morgens die Treppe heruntergearbeitet bis zu den fettigen Ferngläsern über dem Lichtermeer zu Pankatz’ Füßen. Jetzt, um halb neun Uhr Montagfrüh, steht die junge Frau am Fuß des Fernsehturms und blinzelt in die Morgensonne. „Meine erste Nachtschicht“, sagt sie sachlich und zuckt die trainierten Schultern. „Hätt’ ich mir jetzt schlimmer vorgestellt.“

Pankatz, 19 Jahre alt, ist ungefähr so ungewöhnlich wie der Ort, den sie gerade für die Gäste geputzt hat, die schon wieder eine gut gelaunte Schlange vor den Fahrstühlen bilden. Die Abiturientin einer Sport-Eliteschule in Köpenick lässt sich zur Gebäudereinigerin ausbilden. Damit ist sie eine begehrte Spezies in dieser Stadt: Zum Start des neuen Ausbildungsjahrs am 1. September vermeldete Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke) noch 5.700 unbesetzte Ausbildungsplätze in Berlin. Gleichzeitig suchten Ende August allerdings auch noch 6.700 Jugendliche nach einem Ausbildungsbetrieb.

Warum findet nicht zusammen, was eigentlich zusammenfinden will? Sind die BewerberInnen zu schlecht? Wollen die Betriebe nicht ausbilden?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen