: Kein Beschluss, kein Appell
ARD-Vorsitzender Wilhelm fordert besseren Schutz für Whistleblower – und Konsequenzen aus Chemnitz
Zum Abschluss der zweitägigen Hauptversammlung der ARD-Intendantinnen und -Intendanten in Berlin forderte Ulrich Wilhelm, Intendant des Bayerischen Rundfunks (BR) und amtierender ARD-Vorsitzender, dass Whistleblower und damit auch der investigative Journalismus in Deutschland besser geschützt werden müssten.
Kommende Woche wird im Bundesrat über einen Gesetzentwurf debattiert, mit dem Geschäftsgeheimnisse besser vor unerlaubtem Zugriff bewahrt werden sollen. Es ist die Umsetzung einer EU-Richtlinie in deutsches Recht. Allerdings schütze die EU-Richtlinie Hinweisgeber aus Unternehmen und damit auch die Arbeit von JournalistInnen besser, als es der vorgelegte Gesetzentwurf mache, sagte Wilhelm. Whistleblower müssten zukünftig mit einem hohen Risiko leben, gegen eben jenes Gesetz zu verstoßen. Großrecherchen wie zu den „Panama Papers“, in denen das massenhafte Umgehen von Steuern offengelegt wurde, wären dann „nur schwerlich möglich“. Es sei zu sehr den Unternehmen überlassen, was unter Geschäftsgeheimnisse falle. Die EU-Vorlage lasse dagegen Ausnahmen zu, wenn es um die Informations- und Meinungsfreiheit gehe.
Außerdem äußerte sich Wilhelm zu den fremdenfeindlichen Demos in Chemnitz und Köthen, „wo es in beachtlichem Umfang zu Übergriffen auf Berichtende kam“. Er sprach von einer „beachtlichen Bedrohungslage“. JournalistInnen müssten ihrer Arbeit nachgehen können, „ohne Angst, persönlich zu Schaden zu kommen“. Es habe Angriffe gegeben, nach denen man „nicht zur Tagesordnung übergehen“ könne. Die Intendantinnen und Intendanten gingen an den zwei Tagen in Berlin dann aber wohl doch zur Tagesordnung über, denn einen Beschluss, einen gemeinsamen Appell der Chefs des Rundfunkanstalten gab es zu dem Thema nicht.
Und so widmete sich Wilhelm auch noch der von den Ländern geforderten Strukturreform der öffentlich-rechtlichen Anstalten und der zukünftigen Finanzierung des Systems: Einen stärkeren Fokus auf Bildung, Information und Kultur zulasten der Unterhaltung und des Sports, wie ihn sich einige Länder vorstellen könnten, will Wilhelm nicht mitmachen: „Je nischiger wir werden, desto mehr entsteht das Bild, dass alle für ein Angebot zahlen, das sich nur an wenige richtet“, warnte er. „Wir lehnen das ab.“ Das war ebenso wenig überraschend wie die Wiederwahl Wilhelms: Der BR wird turnusgemäß auch 2019 den Vorsitz der ARD inne haben. Jürn Kruse
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