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Umweltschützer in Brasilien erschossenEin Wächter Amazoniens

Der indigene Unweltschützer Jorginho Guajajara wurde umgebracht. Erst kürzlich hatte er eine Holzfällerbande aus der Region vertrieben.

Holzfäller im brasilianischen Regenwald Foto: dpa

Rio de Janeiro taz | Er ist das bislang letzte Opfer im Konflikt um Land im brasilianischen Amazonasgebiet. Jorginho Guajajara gehörte zur Ethnie der Guajajara, von denen sich viele als „Wächter Amazoniens“ verstehen. Jorginho lebte in Ariboia, einem Indígena-Schutzgebiet im Bundesstaat Maranhão im Nordosten des Landes. „Schutz“ gab es in dieser abgelegenen Region nie viel. Weder für die Bewohner noch für die Natur. Das wusste Jorginho und entschied gemeinsam mit anderen Indígenas, selbst dafür zu sorgen, dass ihnen ihr Land nicht streitig gemacht wird.

Spähtrupps der Guajajara gehen hier oft gegen illegale Holzfäller und auch Goldsucher vor, die das Schutzgebiet nicht respektieren. Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen. 80 Guajajaras sollen deshalb seit dem Jahr 2000 ermordet worden sein. Und erst im Mai hatten sie mehrere Mitglieder einer berüchtigten Holzfällerbande vertrieben. Jorginho war Kazike – Anführer – des Dorfes Cocalinho und übers Wochenende in der Stadt Arame unterwegs, die direkt an der Grenze des Schutzgebiets liegt. Dort ­geben die Nicht-Indígenas den Ton an, für Indigene gilt ab 22 Uhr eine Art inoffizielle Ausgangssperre.

Jorginho beachtete die Schikane nicht und bezahlte mit dem Leben. Am Sonntag wurde er tot an der Stadtgrenze an einem Bach aufgefunden, an dem bereits andere Ermordete gefunden worden waren. Bislang habe sich keine Behörde um die Tat gekümmert, klagte ein Guajajara-Sprecher.

Die Guajajaras leben abgeschieden, sie legen meist keinen großen Wert auf Kontakt mit dem Rest des Landes. Ebenso weiß der Rest Brasiliens wenig über sie, ihr Leben und ihre Forderungen zum Selbsterhalt. Das könnte sich bald ändern. Die Aktivistin Sônia Guajajara ist Vizepräsidentschaftskandidatin für die linke Partei PSOL, an der Seite von Guilherme Boulos von der Obdachlosenbewegung MTST. Erstmals tritt eine Indígena für diesen Posten an. Auch wenn kaum Chancen auf den Wahlsieg im Oktober be­stehen, dürften die Anliegen von Jorginho Guajajara dadurch Aufmerksamkeit bekommen.

Sônia Guajajara weiß, dass der Einsatz der Wächter Amazoniens ein riskanter Job ist. „Aber wir werden niemals die Plünderung unserer Mutter Erde akzeptieren“, sagte sie nicht nur im Wahlkampf. Wahrscheinlich wird sie viel weniger Stimmen bekommen als die Kandidaten des Agrobusiness. Für diese war Jorginho Guajajara nur ein Hindernis für ihren Fortschritt.

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1 Kommentar

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  • Dumm nur, dass dort anscheinend zu wenige kapieren, dass der Urwald überlebenswichtig ist für uns. Statt gigantischer Bäume wächst dort dann sehr oft Soja - für Tierfutter, nicht den Biomarkt-Joghurt!



    In diesen Fällen gibt es also einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen Fleischkonsum, Urwaldabholzung und Morden. So eine Verantwortung weisen überzeugte Fleischesser ja weit von sich.



    Aber macht ja nix, sind ja nur irgendwelche Urwaldaffen, die da versuchen, was zu retten...was kümmert uns das.