: Bedingungslose Würde
Das „Bündnis Grundeinkommen“ stellt sich für die Bürgerschaftswahl 2019 auf. Spitzenkandidatin wird die bremische Abgeordnete und Ex-Grüne Susanne Wendland
Von Alina Götz
Das „Bündnis Grundeinkommen“ will zur Bürgerschaftswahl im Mai antreten. Ein halbes Jahr nach ihrer Gründung nahm die junge Ein-Thema-Partei bereits an der letzten Bundestagswahl teil. Im Land Bremen erreichte sie ihr Spitzenergebnis: ein halbes Prozent.
Das lässt zumindest den Bremer Landesvorstand und seine Spitzenkandidatin Susanne Wendland hoffen. An die Bürgerschaftsabgeordnete habe sich das Bündnis gewandt, weil sie „ein hohes soziales Engagement sowie sozialpolitische Kompetenz aufweist“, sagt der Vorsitzende des Landesverbands Bremen, Uwe Bjorck. Wendland ist überzeugt, für die Idee einen erfolgreichen Wahlkampf hinlegen zu können. Doch was ist die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens?
Das Grundeinkommen ist eine monatliche Zahlung, die Bürger*innen bekommen – bedingungslos. Dafür könne Hartz IV, Arbeitslosengeld und Sozialhilfe wegfallen, erklärt Wendland. Für Gerhard Dick, stellvertretender Bündnisvorsitzender, ist es „die momentan einzige durchdachte Idee, die Menschen am Fortschritt teilhaben zu lassen“. Denn die Wirtschaft boome, trotzdem sei die Arbeitslosenquote hoch, gerade in Bremen.
Durch die Digitalisierung werde es künftig noch weniger Arbeitsplätze geben. „Und keine der Mainstream-Parteien hat die Idee auf dem Zettel, stattdessen bastelt man immer weiter an den bestehenden Sozialleistungen herum, die oft menschenunwürdig sind.“
Für Wendland braucht es „eine Entkopplung von Arbeit und Einkommen, auch andere Tätigkeiten außer Lohnarbeit müssen endlich anerkannt werden“. Das Grundeinkommen sichere Existenzen und ermögliche gesellschaftliche Teilhabe. „Unsere Aufgabe wird sein, den Wählern zu erklären, dass das Grundeinkommen viele Probleme lösen kann.“
Armutspolitik ist Wendlands Steckenpferd. Auch weil die Bremer Regierung in diesem Bereich nur Symbolpolitik betreibe, sagt sie, sei sie 2017 aus der Fraktion der Grünen ausgetreten, für die sie zuvor acht Jahre in der Bürgerschaft saß. Jetzt ist sie parteilos – und wird es vermutlich auch bleiben. Denn das Bündnis definiere sich nicht über Mitgliederzahlen, sondern die Verbreitung der Idee in Gesellschaft und Parlament. Und sobald es ein Grundeinkommen gibt, schaffe sich die Partei selbst wieder ab.
Schatzmeister Rolf Walczak setzt seine Hoffnungen in „Jung-, Wechsel- und Nichtwähler“. Bei Letzteren gibt es zumindest theoretisch großes Potenzial. Aber auch Wähler*innen anderer Parteien zu gewinnen, ist laut Walczak möglich: „Ich hoffe, dass viele die Schnauze voll haben von den etablierten Parteien.“ Zur Kritik an der thematisch recht schmalen Aufstellung der Partei antwortet Dick, dass die Grünen schließlich auch so angefangen hätten. Und zwar in Bremen.
Auch geänderte Ziele und Ressourcen lassen Dick auf den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde hoffen: „Bei der Bundestagswahl ging es darum, uns überhaupt wählbar zu machen, jetzt wollen wir ins Parlament.“ Inzwischen sei das Bündnis auch bei Sponsoren gut aufgestellt, sodass ein professioneller Wahlkampf realistisch werde.
Aber wer bezahlt das Grundeinkommen? Durch die Einsparung der erwähnten Sozialleistungen und Verwaltungskosten fehle laut Dick nicht viel, „um in Bremen ein Grundeinkommen von 1.200 Euro zu finanzieren“. Eine genaue Berechnung gibt es trotz vorhandener Modelle bisher aber nicht. Er bittet um „Zeit, für so einen tiefgreifenden Wandel“. Wann sich das Bündnis also wieder abschaffen kann, ist nicht absehbar.
Neben der angestrebten parlamentarischen Arbeit plant das Bündnis unabhängig vom Ausgang der Wahl ein Volksbegehren, um ein Pilotprojekt in Bremen zu realisieren. Für die Zulassung zur Wahl benötigt es zunächst Unterschriften – 500, davon 100 in Bremerhaven. Gesammelt wird ab Herbst.
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