Assad erobert Daraa zurück

Nach dreiwöchigen Luftangriffen geben die Rebellen in der syrischen Stadt auf. Die Rückeroberung hat symbolische Bedeutung

Von Beate Seel

Seit Donnerstagabend flattert die syrische Flagge wieder über der Provinzhauptstadt Daraa im Südwesten des Landes. Syrische Regierungstruppen und ein Konvoi russischer Soldaten rückten in die bisher von Rebellen gehaltenen Gebiete ein. Zuvor hatten die Rebellen zugesichert, den Kampf aufzugeben. Im Gegenzug gab es eine Amnestie. Diejenigen Kämpfer, die nicht unter dem Regime von Präsident Baschar al-Assad leben wollen, sollen in die Provinz Idlib abtransportiert werden. Russische Vermittler spielten offenbar eine zentrale Rolle bei der Aushandlung des Abkommens.

Die Einigung erfolgte nach dreiwöchigen Luftangriffen der vom russischen Militär unterstützten syrischen Armee. Die verheerenden Bombardements zwangen die Rebellen, die die Stadt seit 2011 kontrollierten, an den Verhandlungstisch. Zwischenzeitlich waren etwa 325.000 Menschen in der Provinz auf der Flucht. Nach Angaben der UNO suchten die meisten Schutz in der benachbarten Provinz Kuneitra nahe der Grenze zu Israel.

In Daraa, einem Rückzugsort für Rebellen, war es in den vergangenen Jahren relativ ruhig. In letzter Zeit galt die Region als eine der sogenannten Deeskalationszonen, doch das nur, solange es im Rahmen des Ziels von Assad, das ganze Land nach und nach zurückzuerobern, opportun war. Jüngstes Beispiel dafür ist die Eroberung der Region Ost-Ghouta bei Damaskus einschließlich der Vertreibung ihrer Bewohner. Auch die Ost-Ghouta war eine „Deeskalationszone“.

Hinzu kommt, dass die Rebellen in Daraa von den USA, genauer gesagt der CIA, und ausländischen Gegnern von Assad, wie Saudi-Arabien, unterstützt und bewaffnet wurden. Die USA stellten dieses Programm im vergangenen Jahr ein und signalisierten den Rebellen bei Beginn der jüngsten Offensive der Regierungstruppen am 19. Juni, dass sie nicht mit ihrer militärischen Hilfe rechnen sollten.

Der Rückeroberung von Daraa kommt eine hohe symbolische Bedeutung zu – daher auch das Hissen der Flagge auf dem Postplatz der Stadt. In Daraa hatte im Frühjahr 2011 der Aufstand gegen Assad begonnen. Die Mehrheit der Syrer in der Region fühlte sich von der ökonomischen Entwick­lung des Landes abgehängt, hinzu kam eine anhaltende Dürre. Angesichts wirtschaftlicher Not, politischer Unfreiheit und alltäglicher Gängelung durch die Geheimdienste fehlte damals nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Der Auslöser war damals, dass eine Gruppe von Schülern vermutlich zu Hause im Fernsehen die Bilder von den großen Protesten in Tunis und Kairo gesehen hatte und regierungsfeindliche ­Parolen an Hauswände malte. Sie wurden festgenommen und zum Teil gefoltert, was wiederum wütende Angehörige auf den Plan brachte. Am 18. März 2011 wurden in Daraa die ersten Demonstranten erschossen. In der Folge wurde landesweit auf Demonstrationen der Rücktritt Assads gefordert.