piwik no script img

Familienzusammenführungen an GrenzeUS-Behörden verpassen die Frist

20 Einwandererkinder unter fünf Jahren warten weiter darauf, zu ihren Eltern zu kommen. Die US-Behörden versäumen damit eine gerichtliche gesetzte Frist.

Seit Kurzem wieder vereint: Walter Jimenez Melendez und sein vierjähriger Sohn Jeremy in San Benito Foto: reuters

San Diego ap | Nach den erzwungenen Familientrennungen an der amerikanisch-mexikanischen Grenze verpassen die US-Behörden in 20 Fällen die gerichtlich angeordnete Frist zur Zusammenführung der Eltern und Kinder. Es werde mehr Zeit gebraucht, um die Angehörigen der Kinder unter fünf Jahren ausfindig zu machen, da sie entweder abgeschoben oder aus Haftzentren entlassen worden seien, teilten Regierungsbeamte einem Richter in San Diego mit.

Richter Dana Sabraw hatte Ende Juni zwei Fristen für die US-Regierung angeordnet. Demnach sollten von ihren Eltern an der Grenze zu Mexiko getrennte Kinder unter fünf Jahren binnen 14 Tagen zu ihren Müttern und Vätern zurückgebracht werden. Für ältere Minderjährige sollte die Zusammenführung innerhalb von 30 Tagen erfolgen – der Termin dafür ist der 26. Juli; es geht um rund 2000 Kinder.

Das Justizministerium hatte erklärt, mehr als 50 Kinder unter fünf Jahren bis zum Auslaufen der Frist am Dienstag zurück in die Arme ihrer Eltern übergeben zu können. Insgesamt fielen unter die 14-Tage-Frist laut US-Regierung aber 75 Kinder. Zu den Zusammenführungen selbst gaben die Behörden nur wenig bekannt, sie sollten im privaten Kreis stattfinden. Die Familientrennungen hatten sich unter der sogenannten Null-Toleranz-Politik der Regierung ereignet. Nach dieser wird jeder illegale Grenzübertritt vor Gericht verhandelt. Während Erwachsene in Haftanstalten untergebracht wurden, kamen ihre Kinder in andere Einrichtungen.

Nach der Wiedervereinigung mit ihrem Nachwuchs sollten die meisten Eltern auf freien Fuß kommen. Offiziellen Angaben zufolge müssen die Erwachsenen möglicherweise Fußfesseln tragen, während ihre Fälle vor Einwanderungsgerichten behandelt werden – ein Prozess, der Jahre dauern kann.

Die Familientrennungen hatten sich unter der sogenannten Null-Toleranz-Politik der Regierung ereignet

Richter Sabraw kritisierte am Dienstag das Vorgehen der Regierung. „Dies sind strenge Fristen, keine ehrgeizig gesetzten Einhaltungsziele“, beklagte er. Als US-Präsident Donald Trump auf die verpasste Deadline angesprochen wurde, erklärte er: „Sagt den Leuten, dass sie nicht illegal in unser Land kommen sollen. Das ist die Lösung (des Problems).“

Im Zuge der Zusammenführung entnahmen Behördenmitarbeiter zunächst DNA-Proben bei 102 Kindern unter fünf Jahren, um ihre biologischen Eltern zu bestimmen. Bei den Erwachsenen erfolgte indes die Überprüfung auf eine etwaige kriminelle Vergangenheit. Dabei seien in acht Fällen Eltern mit schwerer krimineller Vorgeschichte sowie ein Fall von glaubwürdiger Kindesmisshandlung aufgedeckt worden, hieß es.

Die DNA-Tests hätten zudem fünf Erwachsene herausgefiltert, die fälschlicherweise angaben, Eltern bestimmter Kinder zu sein. In zwei Fällen seien die angeblichen Eltern überrascht über das Ergebnis gewesen.

DNA-Tests nur in besonderen Fällen

„Unser Verfahren ist vielleicht nicht so schnell wie andere es gerne hätten, aber es gibt keinen Zweifel daran, dass es die Kinder schützt“, erklärte ein Mitarbeiter der US-Gesundheits- und Sozialbehörde. Richter Sabraw in San Diego entschied dennoch, die DNA-Tests sollten nur in besonderen Fällen zugelassen werden – etwa, wenn die Beziehung zwischen Elternteil und Kind nicht durch Geburtsurkunden belegt werden kann.

Das Argument der US-Regierung war, ein DNA-Test sei schneller, als Dokumente auf ihre Echtheit zu überprüfen. Zudem würden so Kinder davor geschützt, möglicherweise in die Hände von Erwachsenen ohne Verwandtschaftsgrad zu geraten.

In Grand Rapids in Michigan war unterdessen die Freude groß, als zwei Jungen und ein Mädchen mit ihren Vätern aus Honduras zusammengebracht wurden. Nach dreimonatiger Trennung schlossen sich die Familienmitglieder in einer Einrichtung des Zoll- und Grenzschutzes in die Arme. Ein auf Einwanderungsrecht spezialisierter Anwalt sagte, die drei Väter hätten ihre Kinder umarmt und ihnen versichert, dass alles gut sei und sie nie wieder getrennt würden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!