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Ärzte, die auf Leichen schauen

Nach einem Jahr qualifizierter Leichenschau haben Ärzt*innen 7.151 Tote begutachtet. Unentdeckte Morde gab es noch nicht. Das Verfahren ist für Angehörige teurer, der Senat will 2019 bilanzieren

„Gleichzeitig verbessert sich die Datenbasis über Krankheiten“

Eva Quante-Brandt (SPD), Gesundheitssenatorin

Angehörige müssen seit der Einführung der qualifizierten Leichenschau in Bremen tiefer in die Tasche greifen. Die Untersuchung eines Toten kostet nach Angaben des Gesundheitsressorts 187 Euro und damit etwa 70 Euro mehr als vor der Gesetzesänderung vor einem Jahr. Seitdem haben die Leichenschauärzte 7.151 Tote begutachtet. Einen unentdeckten Mord oder andere Auffälligkeiten haben sie dabei nicht gefunden.

Bremen hatte am 1. August 2017 als erstes Bundesland die qualifizierte Leichenschau eingeführt, um mehr Tötungsdelikte aufzudecken. Davor hatten Mediziner im Krankenhaus oder zu Hause den Tod eines Menschen festgestellt und bescheinigt. Seit vergangenem Jahr untersucht ein speziell ausgebildeter Leichenschauarzt den Toten zusätzlich. Zehn dieser Experten gibt es dafür im Land Bremen, drei wurden neu eingestellt.

„Patientinnen und Patienten und Angehörige von Verstorbenen erhalten mehr Sicherheit“, sagte Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD). Gleichzeitig verbessert sich die Datenbasis über Krankheiten und ihre Verläufe – Erkenntnisse, die wiederum den Patientinnen und Patienten zugutekommen.“ Anlass für die Einführung der qualifizierten Leichenschau war unter anderem die Mordserie des Ex-Pflegers Niels H. am Klinikum Delmenhorst.

Auch Niedersachsen hat deshalb eine erweiterte Leichenschau beschlossen. Dafür sind aber nach wie vor Ärzte im Krankenhaus oder beim Toten zu Hause zuständig.

Im kommenden Jahr wollen die Bremer Behörden eine erste Bilanz ziehen und dabei auch untersuchen, wie viel die qualifizierte Leichenschau das Land zusätzlich kostet. (dpa)

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