piwik no script img

Hashtag #MeTwo zu RassismusSetzen, sechs!

Auf Twitter erzählen Menschen von ihren Erfahrungen mit Vorurteilen und Alltagsrassismus. Oftmals sind es Lehrer, die diskriminieren.

Der Schöpfer von #MeTwo, Ali Can, präsentiert seinen Hashtag als Geste Foto: reuters

Wer ein paar Minuten Lesezeit übrig hat, sollte sich zu Gemüte führen, was unter dem Hashtag #MeTwo auf Twitter erzählt wird. Tausende sind dem Aufruf des Journalisten Ali Can gefolgt und posten auf der Online-Plattform ihre Erfahrungen mit Alltagsrassismus. Alles ist dabei: von einer wohlgemeinten, aber diskriminierenden Äußerung bis hin zu Benachteiligung bei der Job- und Wohnungssuche und Gewalt.

Besonders auffallend ist, wie oft Diskriminierung von Lehrern ausgeht. Ein Nutzer schreibt zum Beispiel: „All die Tweets zu #MeTwo erinnern mich an einen schwarzen Klassenkameraden, der damals im Sportunterricht immer eine Note Abzug bekam, weil er ja ,einen unfairen Vorteil hätte'.“

Dass viele User auf Twitter von solchen Vorfällen berichten, wundert Sanem Kleff von der Initiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ nicht. Zunächst einmal sei es klar, dass auf einem jungen Medium wie Twitter der Ort Schule oft genannt werde. Zum anderen hätten Lehrer wegen der schulischen Hierarchie mehr Gelegenheit, zu benachteiligen, als Menschen in anderen Berufen.

Mehr Zugangsmöglichkeiten für Migranten

Für ein diskriminierungsfreieres Klima müsse die Balance zwischen Schülern und Lehrern verbessert werden, sagt Kleff. Denn während jedes dritte Kind, das eingeschult wird, einen Migrationshintergrund habe, entscheiden sich immer noch sehr wenige Migranten für eine Lehrerkarriere.

Gerade in einer Zeit, in der überall Lehrermangel beklagt werde, müsse man mehr Zugangsmöglichkeiten für Migranten schaffen, fordert die Pädagogin. Aber es gäbe keinen Masterplan gegen Rassismus, das wichtigste sei, dran zu bleiben.

Dran bleiben – das versucht Ali Can mit seinem Hashtag. Den rief er als Reaktion auf die Debatte um den Fußballspieler Mesut Özil ins Leben, um die Diskriminierung von Minderheiten in Deutschland öffentlich zu zeigen. Schon 2016 erregte er Aufmerksamkeit, als er eine „Hotline für besorgte Bürger“ gründete, bei der AfD-Wähler und Pegida-Gänger anrufen und mit ihm über ihre Ängste sprechen können.

Das „Two“ in #MeTwo stehe dafür, mehr als eine Identität sein zu können, erklärt Can in einem Video, das über das Online Magazin Perspective Daily verbreitet wurde. Man könne Deutscher sein und sich gleichzeitig einer anderen Kultur verbunden fühlen: „Die zwei Seiten verschmelzen. Sie stehen nicht im Widerspruch“.

Two, nicht Too

#MeTwo soll natürlich auch an die #MeToo-Kampagne erinnern, die seit Oktober 2017 das ganze Ausmaß sexueller Gewalt in Hollywood und auf der ganzen Welt aufzeigt und schon den ein oder anderen mächtigen Mann zu Fall gebracht hat. Mit dem Namen hören die Parallelen aber nicht auf: Wie in der Sexismus-Debatte auch gibt es Gegenwind.

Der Tenor „Die sollen sich mal nicht so haben“, weht durch viele der Antworten auf Tweets, in denen Menschen ihr Herz ausschütten. Die Moderatorin Hatice Akyün zum Beispiel hat ihre Tweets zur Debatte wieder gelöscht, da auch die Antworten auf ihre Darstellungen teilweise wieder nur rassistisch gewesen seien, wie sie auf Twitter schreibt. Die Gegenreaktionen bestätigen, was auch schon in den Erlebnisberichten steht: Deutschland hat ein Rassismus-Problem.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • M. E. hat Deutschland sehr wohl ein Rassismus-Problem – und zwar ein massives.



    Wie kann das nur angezwiefelt werden?!



    Wir gehen ja schon untereinander rassistisch und wenig gedeihlich miteinander um. Da kriegen Migranten|Ausländer erst recht ihr Fett ab…



    Das ist doch offensichtlich.

    • @Frau Kirschgrün:

      ^^Der Mensch, das vernunftbegabte Wesen.^^ Ein armseliger Wicht …………

  • Deutschland hat kein Rassismusproblem - Der Homo Sapiens hat ein Rassismusproblem. Die Geschichten, die auf #MeTwo erzählt werden gibt es rund um den Globus. Fragen sie mal wie ein philippinisches Hausmädchen von chinesischen Malaysieren behandelt wird und wie es den Zainichi in Japan geht, von den Arabes in Frankreich ganz zu schweigen.

    Solange man die Verhaltensmuster Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht als antropologische Konstante betrachtet, die man mit Unterstützung des präfrontalen Cortex' in den Griff bekommen kann, sondern gleich mit der Nationalismuskeule kommt und DEN Deutschen, wer immer das sein mag, eins überzieht, macht es den Dumpfbacken überall auf diesem Planeten zu leicht.

    • @Adele Walter:

      Menschen sind rassistisch, ja, und gerade deswegen hat auch Deutschland ein Rassismusproblem. Rassismus ist nicht ausschlieslich deutsch, aber immerhin typisch deutsch, und das sollte man unbedingt diskutieren. Vor allem, wenn z.B. Grindel reflexartig den Rassismusvorwurf von sich weißt. Da fehlts doch schon an Problembewusstsein.

    • @Adele Walter:

      Frau Walter Sie überfordern die Leute mit derart sachlich gehaltenen Analysen.

    • @Adele Walter:

      Da bin ich schon mal beruhigt. Ich dachte immer, die Deutschen - also diejenigen, die sich als Protagonisten dieser wahnwitzigen Erzählung über die deutsche Identität- hätten bei der Verwirklichung deiner anthropologischen Konstante einen gewissen Vorsprung. Immerhin sechs Millionen Juden, sauber, schnell und Effizient entsorgt: Konstante hin oder her , das schaffen deine chinesischen Malaysiern und sonst kein rassistisches Kollektiv auf der Welt in tausend Jahren nicht.

      • @Albertoni:

        Du denkst also die 'Deutschen', zumindest die von 1933-1945, wären etwas ganz Besonderes in der Geschichte der Menschheit? Das ist ganz schön anmassend. Lass das mal nicht Pol Pot, Stalin oder die Hutus hören.

        • @Adele Walter:

          Ich sehe, die Nur-Vogelschiss-Theoretiker kommentieren nun also auch in der taz.

      • @Albertoni:

        Verstehe.



        Wird denn dieser "gewisse Vorprung" Ihrer Meinung nach weitervererbt von einer Generation an die nächste?



        Und wenn ja sollten Sie sich mal über die Definition von Rassismus klarwerden.

      • @Albertoni:

        Mao hatte das mit der Kulturrevolution locker geschafft!

        • 2G
          2730 (Profil gelöscht)
          @Trango:

          Gut, das war aber nicht Rassismus, das ging gegen das eigene "Volk" (was immer das sein mag.



          Aber die Japaner waren auch weit vorne vorbei, lt. Wikipedia "Millionen von Toten".



          Aber bevor es hier zu einem Wettbewerb ausartet: Jeder Tote ist einer zuviel. Und es gibt keinen Grund, die anthropologischen Gegebenheiten, die Foristin Adele dargestellt hat, zu ignorieren. Erst wenn man die Realität erkennt, hat man die Chance, sie sinnvoll zu verändern.