Kommentar zur Lastenrad-Förderung: Die neuen Kings of the Road
Die finanzielle Förderung von Lastenrädern in Berlin ist ein voller Erfolg. Trotzdem sollte die Verkehrssenatorin ihre Taktik ändern.
Schon seit Wochen wurde der Termin unter Berlins engagierten RadlerInnen herumgereicht – zu Recht, wie sich am Ende zeigte: „Ab heute fördern wir Lastenräder und Lastenanhänger mit bis zu 33 Prozent des Kaufpreises“, schrieb die Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr am 4. Juli. Tatsächlich hätte es auch heißen können: „Nur heute.“ Denn bereits am ersten Tag wurden mehr als 1.000 Anträge eingereicht. Jetzt wird per Los bestimmt werden, wer höchstens 500 Euro als Zschuss für den Kauf eines solchen Rads bekommen soll.
Insgesamt 200.000 Euro Förderung verteilt Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für die Grünen), davon fast die Hälfte an Privatpersonen, 70.000 Euro an rein kommerzielle AntragstellerInnen wie Handwerksbetriebe und 40.000 Euro für gemeinschaftlich, aber nicht kommerziell genutzte Räder. Im nächsten Jahr sollen es dann insgesamt 500.000 Euro sein.
Diesmal kam laut ersten Einschätzungen der größte Andrang von Privatpersonen. Doch das sollte kein Grund sein, deren Anteil an der Förderung im gleichen Umfang zu halten oder gar auszubauen. Im Gegenteil, wer sich mit dem Gedanken trägt, ein solches Rad in Preiskategorien von 2.000 Euro aufwärts zu kaufen, wird diese Entscheidung nicht ernsthaft von bis zu 500 Euro Zuschuss abhängig machen. Sprich: Hier werden Menschen gefördert, die das nicht unbedingt nötig haben.
Zudem sind Lastenräder – zumindest die preiswerteren ohne Elektrohilfsmotor – Spezialfahrzeuge mit einem kleinen Einsatzradius im Stadtgebiet. Man kann einkaufen fahren oder die Kinder zur Kita.
Aber selbst kürzere Radtouren erweisen sich mit den im Vergleich zu klassischen Rädern unhandlichen und schweren Rädern schnell als beschwerlich; in Züge und S-Bahnen kriegt man die Vehikel nur mit größter Mühe. Und ganz am Rande: Wie Lkws auf der Straße sorgen auch Lastenräder auf Radwegen regelmäßig für Staus.
Das Symbol „dickes Rad verdrängt dicken Brummi“ ist toll und nachhaltig. Die staatliche Förderung dafür macht jedoch nur dann Sinn, wenn auch wirklich ein Transportfahrzeug mit Verbrennungsmotor ersetzt wird oder damit Gruppen und Initiativen unterstützt werden, denen wirklich das Geld dafür fehlt und die es intensiv nutzen. Kitas zum Beispiel.
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