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Im Schatten Blatters

Der Ex-Fifa-Chef reitet in Moskau ein und könnte seinem Nachfolger Gianni Infantino die Show stehlen. Jetzt buhlen zwei um die Gunst des russischen Präsidenten Wladimir Putin

Wieder einmal mit von der Partie: Joseph Blatter bei der Ankunft in seinem Moskauer Hotel Foto: Dmitry Serebryakov/ap

Aus Moskau Johannes Kopp

Blatter is back. Eigentlich ist er ja auch immer noch Präsident der Fifa, wie er nach seiner Ankunft in Moskau verriet. Den Statuten nach hätte er nämlich abgewählt werden müssen, und das sei nie passiert. Der gute Sepp aus dem Wallis hat auch im Alter von 82 Jahren nichts von seinen Qualitäten eingebüßt, und er gibt mal wieder den Gute-Laune-Onkel bei einer Fußball-Weltmeisterschaft. Er lässt sich von den Widrigkeiten der Realität nicht beirren, er macht es sich stets in seiner eigenen Realität gemütlich, und das war schon immer seine große Stärke.

Sein Nachfolger, Gianni Infantino, muss sein größter Bewunderer sein. Denn er gleicht ihm in seiner Amtsausführung wie ein siamesischer Zwilling. Nur an dieser conférencierartigen Lässigkeit Blatters reicht er noch nicht ganz ran, aber das kann noch werden. Kritik lächelt dieses Blatter-Double, das gleichfalls aus dem Wallis stammt, ebenso gekonnt weg. Als er jüngst beim Fifa-Kongress von der Transparenz und Integrität seiner Organisation schwärmte und ihn später ein britischer Journalist auf die noch immer ungelösten Fälle der Ethikkommission ansprach, entgegnete er amüsiert: „Sie müssen auch immer das Haar in der Suppe suchen.“ Und er verwies lächelnd auf seinen blanken Schädel.

Dass nun mit Blatter sein Ebenbild gerade zur größten Festzeit auftaucht, kann Infantino gar nicht schmecken. Ausgerechnet jetzt, da er sich für eine zweite Amtszeit profilieren möchte. Ausgerechnet jetzt, da er überall immer wieder erzählt, dass die Fifa ein völlig anderer Verband geworden sei, der nichts mit dem korrupten System von früher zu tun hätte. Ausgerechnet jetzt kommt sein Doppelgänger und insgeheim großes Vorbild.

Der 48-Jährige beißt sich bislang auf die Zunge, aber im Inneren muss es in ihm brodeln. Die ganze Aufmerksamkeit, die ihm von Russlands Machthabern zuteil wurde, dieses Wohlwollen und viele Lob, muss er sich nun mit seinem Vorgänger teilen. Schlimm ist besonders: Die Gleichbehandlung der russischen Machthaber von Infantino und Blatter, macht ganz gut deutlich, dass sich in der Fifa-Führung nicht viel verändert hat. Im Kreml schätzt man eben die Kontinuität im Fußballweltverband.

Wladimir Putin (l.) und Gianni Infantino beim Fifa-Kongress letzte Woche in Moskau Foto: Pavel Golovkin/dpa

Der russische Vizepräsident Witali Leontjewitsch Mutko, der sich möglicherweise trotz seiner Delegierung nach dem Dopingskandal als heimlicher Sportminister fühlt, hat Blatter empfangen. Wenn es ganz schlimm kommt für Infantino, wird es auch noch ein Treffen zwischen Putin und Blatter geben. Bestens haben sich die beiden schon immer verstanden. Sepp Blatter ist die entscheidende Figur im Weltverband gewesen, die Russland den Weg zu dieser WM geebnet hat.

Nach seinem Amtsantritt hat Infantino nur ein weiteres Mal wieder den Blatter gegeben und stieg ebenfalls in den Hofstaat von Putin auf. Mit größter Ergebenheit ist er Russlands Präsidenten zugetan. Die Slapstick-Einlage beim Fifa-Kongress vor zwei Wochen ist noch in Erinnerung, als der Fifa-Chef Putin entgegeneilte, die falsche Treppe nach unten nahm und der Staatschef bereits auf der Bühne stand.

Nun will wieder dieser Blatter mitspielen. Die Fifa mag zwar Blatter bis 2021 für alle Tätigkeiten im Fußball gesperrt haben, in dessen Wahrnehmung ist er immer noch der Chef des mächtigsten Weltfußballverbands. Gianni Infantino wird sich das merken. Sollte er geschasst und nicht abgewählt werden, man weiß es schon, der Imitationskünstler wird sagen: Er sei immer noch der eigentliche Präsident.

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