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Kommentar Netanjahus Besuch in BerlinDer falsche Hebel

Silke Mertins
Kommentar von Silke Mertins

Netanjahu will das Atomabkommen beenden, um Irans außenpolitische und militärische Macht einzuschränken. Doch dafür ist die UN zuständig.

Will das Verhältnis zu Iran neu vermessen: Benjamin Netanjahu bei Merkel im Kanzleramt Foto: dpa

D er Besuch von Benjamin Netanjahu in Berlin hat ein interessantes Detail zutage gefördert. Der israelische Ministerpräsident hielt sich nicht damit auf, dem Iran Verstöße gegen das Atomabkommen vorzuwerfen oder es als ungeeignet zu verurteilen. Unverhohlen machte er klar, was ihn tatsächlich stört: Iran kann seit der schrittweisen Aufhebung der Sanktionen wieder halbwegs ungehindert Öl auf dem Weltmarkt verkaufen. Die Erlöse nutze der Mullah-Staat, um seine aggressive Außenpolitik in Syrien zu finanzieren und in unmittelbarer Nähe zur israelischen Grenze tausende Milizionäre zu stationieren, klagt der israelische Regierungschef.

Danke für die Klarstellung! Damit sind alle Zweifel ausgeräumt. Es geht also gar nicht darum, ob das Abkommen funktioniert und Teheran sich an die Regeln hält. Dass dies der Fall ist, haben selbst israelische Militärs schon eingeräumt. Netanjahu zielt auf den iranischen Rohstoffreichtum und seine Wirtschaftskraft. Er will die militärischen und außenpolitischen Möglichkeiten Teherans einschränken.

Man kann zwar die israelische Sorge nachvollziehen, das Land hat allen Grund, dem Iran das Schlimmste zuzutrauen. Doch das Schlimmste zu verhindern, ist nicht Aufgabe eines Atomabkommens und der Kontrolleure der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Denn wie sollte eine solche Vereinbarung aussehen? Soll die Einhaltung des Atomwaffensperrvertrags etwa daran gemessen werden, ob der Iran die Zahl schiitischer Milizionäre in Syrien halbiert? Sollen die IAEA-Inspekteure Waffenlieferungen an die jemenitischen Verbündeten begutachten? Netanjahus Vorstellungen von einem Atomabkommen sind ebenso absurd wie unrealistisch.

Der UN-Sicherheitsrat ist der richtige Ort

Die Wahrheit ist simpel: Gefährdet das Verhalten eines Landes den internationalen Frieden, gerät eine ganze Region ins Wanken. Dann ist der UN-Sicherheitsrat der richtige Ort, um dieses Fehlverhalten zu ahnden und gegebenenfalls auch Sanktionen auszusprechen. Wie man weiß, wird dies nicht geschehen, weil Russland selbst in Syrien mitmischt und, wie Iran, auf der Seite des verbrecherischen Regimes in Damaskus steht. Würde der Rat sich dennoch ernsthaft mit dem Thema befassen, dann käme ohne Frage nicht nur die unrühmliche Rolle Irans in der Region auf den Tisch, sondern beispielweise auch die Saudi-Arabiens, das Jemen in die Steinzeit zurückbombt und sich ebenfalls überall in der Region einmischt.

Die Blockade im Sicherheitsrat, dem wichtigsten friedenserhaltenden Gremium, mag bitter und extrem unbefriedigend sein. Doch das Atomabkommen kann nicht als Ersatz herhalten. Irans Außenpolitik und seine militärischen Abenteuer zu kontrollieren, ist nicht Aufgabe der Atomenergiebehörde.

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Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
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2 Kommentare

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  • Der UN-Sicherheitsrat , das ich nicht lache.

     

    Das ist der zahnloseste Papiertiger der Welt, wer sich in der Not auf den verlässt, ist verlassen.

  • Rein nach der Lehre stimmt die im Kommentar aufgezeigte grundsätzliche Nichteignung eines Atomabkommens für Zwecke der nicht atombezogenen Sicherheitspolitik.

    Das Dilemma wird jedoch, ebenfalls im Kommentar, bereits aufgezeigt.

    Wenn das Atomabkommen in dem eigentlich angedachten Rahmen grundsätzlich "funktioniert", der UN-Sicherheitsrat aber "blockiert" ist - was tun?

    Der Staat Israel verfolgt m.E. grundsätzlich sehr rationale Strategien, um sich und seine Bevölkerung zu schützen.

    Wenn also das eigentliche internationale Schutz-Instrument nicht funktioniert, muss man Alternativen suchen. Denn zum Schutz vor ohne jeden Zweifel feindseligen Absichten kann man nicht auf theoretischen Prinzipien beharren, die dann halt "leider" nicht greifen, weil die internationale Gemeinschaft nicht mitmacht.

    Der Schritt, das Atomabkommen als "Hebel" anzuwenden, ist daher vielleicht nicht direkt "im Sinne der ErfinderInnen". Indirekt aber wohl durchaus und gleichzeitig eine der wenigen tatsächlichen(!) Möglichkeiten, Iran unter Druck zu setzen. Mit dem Ziel, den Frieden erstmal wieder herzustellen und dann zu sichern. Das ist ein noch höheres Ziel als die reine Verhinderung der atomaren Aufrüstung des Iran.

    Dagegen kommt die Argumentation im Kommentar meiner Ansicht nach nicht an.