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Das Ziel ist der Streik

Uni-Mitarbeiter*innen beraten in Berlin über bundesweite Protestaktionen

Von Miriam Schröder

Vernetzen, mobilisieren, handlungsfähig werden: Das sind die erklärten Ziele des Treffens des Netzwerks für Gute Arbeit in der Wissenschaft (NGAWiss), das am Freitag und Samstag in Berlin stattfindet. Initiativen aus dem sogenannten akademischen Mittelbau verschiedener deutscher Hochschulen kommen hier zusammen, um zu beraten, wie sie in Zukunft gemeinsam auf die strukturellen Missstände an Hochschulen und Forschungseinrichtungen aufmerksam machen können. Rund 50 Teilnehmer*innen haben sich bisher zum Treffen angemeldet.

„Die Ausgangslage ist schwierig“, sagt Peter Ullrich, Mitorganisator des Treffens. „Der Mittelbau ist kaum in den Gewerkschaften organisiert. Das wollen wir ändern.“ Ein erklärtes Ziel des Treffens: Streikfähig werden! Ein konkreter Termin ist noch nicht geplant. Ullrich selbst spricht von „einem langen Prozess“.

Das Netzwerk hat sich im Januar 2017 als Reaktion auf die prekären Arbeitsbedingungen für den akademischen Mittelbau gegründet. Laut der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) haben mittlerweile 90 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen eine befristete Anstellung. Mehr als die Hälfte dieser Verträge haben eine Laufzeit von weniger als einem Jahr.

Bei dem Treffen am Wochenende möchte das Netzwerk auch aus den Erfahrungen in anderen Ländern lernen, in denen Streiks der Dozent*innen bereits gang und gäbe sind. Zu Gast sind deshalb Politikwissenschaftlerin Kolja Lindner von der Universität Paris und Philosophin Nicole Wolf von der Goldsmiths-Universität London, die jeweils von ihren Protesterfahrungen in Frankreich und Großbritannien berichten werden. Erst im Februar hatten Angestellte an 64 britischen Hochschulen gestreikt. Der Grund: eine Rentenreform.

Lindner und Wolf werden gemeinsam mit Peter Grottian von der Freien Universität Berlin über die Frage diskutieren, ob das deutsche Wissenschaftssystem zum Streik überhaupt fähig ist. Grottian ist Professor für Politikwissenschaft. Als Mitinitiator des Bildungsstreiks 2009 weiß er, wie schwer sich Uni-Mitarbeiter*innen zum Streik bewegen lassen. Grottian, der das Netzwerk berät, ist sich sicher: „Es braucht ein Bündnis mit Studierenden, Lehrbeauftragten und einzelnen Hochschullehrern.“ Nur so könne mittels Streik auf den Reformbedarf hingewiesen werden.

Dafür ist auch die Einbindung der Studierendenschaft wichtig, sagt Juliane Kühn. Die Wissenschaftlerin ist im Koordinationsteam des NGAWiss. „Gute Arbeit in der Wissenschaft darf nicht an einen Status geknüpft sein.“ Das gilt für Lehrende wie Studierende gleichermaßen.

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