Kolumne „Die Couchreporter“: Sitcom der Stunde
Viele Comedy-Serien gruppieren sich um eine Couch – auch „The Middle“. Neu ist, dass vermehrt Sorgen um den sozialen Abstieg mitschwingen.
E ine Couch steht in einem Wohnzimmer. Wer sich hinsetzt, sinkt viel zu tief ein, als dass man das bequem nennen könnte. Auf der Couch liegen gehäkelte Decken. Nicht, weil sie jemand schön findet, sondern weil sie schon immer da lagen. Unter den Polsterkissen liegen wahrscheinlich Münzen, Kaugummis, Haarspangen und Chipsreste. Es ist die Couch aus der amerikanischen TV-Serie „The Middle“.
Eine Couch wie diese war lange Zeit Mittelpunkt vieler US-Familien-Sitcoms. In den 1990er Jahren waren da zum Beispiel: „Full House“, „Eine starke Familie“, „Alle Lieben Raymond“, „Alle unter einem Dach“. Die Serien kamen auf, nachdem „Alf“, „Eine schrecklich nette Familie“ und „Roseanne“ Ende der 1980er Riesenerfolge waren.
Heute würden sie wohl nur schwerlich Zuschauer finden: Kaum vielfältige Charaktere, stattdessen Geschlechterklischees. Der Vater war oft der Draufgänger, die Mutter die Vernünftige. Nur vereinzelt wurde es in den Serien politischer und sozialkritischer. Was schade ist, boten die Sitcoms doch viel Identifikation. Als Teenager konnte man seine Eltern vor dem Fernseher mit Fragen konfrontieren: Warum machen die das so? Warum machen wir nicht?
Dauerchaos
Dann kam Anfang der 00er Jahre die Serie „Malcom mittendrin“, die die Couch-Serien auf den Kopf stellte. Dauerchaos: Eine cholerische Mutter, ein nervöser Vater, fünf Brüder, die unentwegt Scheiße bauten. Für die Mittelstands-Wehwehchen hatten sie keine Zeit. Die Familie kämpfte darum, die nächste Miete zahlen zu können, während die Leistungsgesellschaft ihr immer wieder den Mittelfinger zeigte. Weshalb sie ihr immer wieder den Mittelfinger zeigte.
„The Middle“ – jetzt kommen wir dann zur Serie, um die es hier gehen soll – ist quasi die Nachfolgeserie von „Malcon mittendrin“. Kurz nach der US-Wirtschaftskrise entstanden, von Warner Bros. Television produziert und vom US-Fernsehsender ABC ausgestrahlt, lässt auch sie die Sorgen um den sozialen Abstieg ständig mitschwingen. Auch hier kann man sich nur Mühe und Einfallsreichtum den Uniabschluss der Kinder leisten.
Die Mutter nimmt einen neuen Job an, um Weihnachtsgeschenke kaufen zu können. Die Kinder arbeiten am Wochenende an einem Kartoffelstand im Einkaufzentrum. Die Serie fängt das mit dem Humor einer Sitcom ein, der aber immer auch sozialkritisch ist – mittlerweile schon in der 9. Staffel. Sehenswert!
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