Mit litauischer Kühle

Im Basketball-Duell gegen München blieb Alba-Spieler Marius Grigonis extrem cool. Die Berliner träumen von der Meisterschaft

Marius Grigonis holte sagenhafte 30 Punkte gegen Bayern Foto: Bernd König/imago

Von David Joram

Marius Grigonis wirkt nicht so, als stecke irgendwo in seinem Innern ein besonderer Hang zu Emotionalität. Im Gegenteil: Grigonis, 24 Jahre jung, Flügelspieler bei Alba Berlin, verrichtet seinen Job meist wie ein Topmanager, kühl, berechnend. Dabei ist die Sportart, die der Litauer ausübt, im Kern sehr aufwühlend. Und Basketballspiele zwischen Bayern München und Alba Berlin sind es sowieso. So auch am Sonntag, im ersten Play-off-Spiel um die deutsche Meisterschaft – mit dem besseren Ende für Alba. 106:95 (20:21, 26:17, 18:24, 23:25, 19:8) siegten die Berliner nach Verlängerung – auch wegen Grigonis, der sagenhafte 30 Punkte erzielte.

Die Rivalität zwischen Berlin und München ist im Grunde abseits des Platzes entstanden. Vor ein paar Jahren begannen die aufstrebenden und finanzstarken Bayern damit, des Öfteren Spieler von Berlin nach München zu transferieren. „Ihr seid nur ein Fußballverein“, höhnen die Alba-Fans ob der ungleich verteilten Moneten gerne. Auch weil die Basketballabteilung des FCB inzwischen von Ulrich Hoeneß, Präsident des Gesamtvereins, sehr wohlwollend bedacht wird.

Vor dieser Finalserie, zu der auch Hoeneß in die Sedlmayer-Halle gekommen war, spielten die alten Geschichten aber eine untergeordnete Rolle. Der Dauerkonflikt hat sich längst aufs Parkett verlagert. Berlins Akeem Vargas kündigte in einem Interview mit dem RBB an, er könne dafür sorgen, dass „der Kollege Cunningham keine 20 Punkte gegen uns macht“. Wie er ­Jared Cunningham – Bayerns besten Spieler, der schon in der US-Profiliga NBA spielte – verteidigen wolle, erklärte Vargas auch: indem er sich am Rande dessen bewege, was erlaubt sei.

Gegen Hitze und 6.000 Heimfans

Mit Spannung war also erwartet worden, wie heiß diese Finalserie starten würde, die beide Klubs unbedingt gewinnen wollen. Seit der FC Bayern 2010 beschloss, ordentlich in sein Basketballteam zu investieren, sprang nur ein Meistertitel heraus. Das war 2014. Alba wartet gar seit 2008 auf die nächste, die dann neunte Meisterschaft.

In dieser Saison könnte es tatsächlich so weit sein. Aller Hitze dieses Duells und rund 6.000 Heimfans trotzend traten die Spieler von Albas Trainer Aito Garcia Reneses äußerst überzeugend auf. Spielmacher Peyton Siva und Luke Sikma, der zum wertvollsten Spieler der Hauptrunde gewählt worden war, organisierten feinfühlig die Angriffe, die häufig Grigonis mit einer beachtlichen Coolness abschloss. Auch Spencer Butterfield glänzte mit sechs erfolgreichen Würfen jenseits der Dreierlinie.

Münchens Mannschaft wirkte deutlich weniger homogen. Hinzu kam, dass die vermeintlich besseren Einzelspieler wie Cunningham, der nur auf 13 Punkte kam, allzu häufig daneben zielten. Speziell die Dreierquote (31 Prozent) war schwach.

Doch in der Schlussphase hätte Bayern das Spiel fast noch gedreht. Angeführt von ihrem besten Punktesammler, Nihad Djedovic (19), gingen die Roten sogar 75:70 in Führung. „Steht auf, wenn ihr Bayern seid“, rief der Hallensprecher, und die Halle stand. Ein Krimi entwickelte sich, der nach der regulären Spielzeit 87:87 endete. Die Verlängerung musste entscheiden und Alba in dieser ohne Grigonis auskommen; er hatte sich kurz vor der Overtime das fünfte Foul eingehandelt, was einen Spielausschluss nach sich zieht.

„Ich habe den Jungs gesagt, dass wir die Overtime gewinnen müssen – für Marius, um ihm etwas zurückzugeben“, sagte Luke Sikma später. Wie energisch und zielgerichtet Grigonis’ Mitspieler das Wort in die Tat umsetzten, dürfte den Alba-Fans sehr viel Hoffnung für den weiteren Verlauf der Finalserie geben. „Wir müssen weiter auf dem Level bleiben“, forderte Reneses im Hinblick auf das zweite Duell am Donnerstag in Berlin. Für Marius Grigonis dürfte dies die schwerste Aufgabe werden.