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Berliner Spitzen

BFC Dynamo schlägt beim Landespokalfinale den Berliner SC – Für den Berlinligisten war schon der Einzug ins Finale ein Erfolg

Von René Hamann

Am Ende wurde es noch einmal kurz dramatisch. Es lief die letzte Spielminute. Die Nachspielzeit von vier Minuten war eben erst angezeigt worden, da gab der umsichtige Schiedsrichter Stefan Paffrath einen berechtigten Elfmeter für den Berliner SC. Louis Arnst verwandelte sicher zum 1:2. Noch vor dem erneuten Anstoß mussten dann böse Worte gefallen sein, der BSC-Spieler Omid Saberdest sah jedenfalls rot. Aber noch waren vier Minuten zu spielen, und die ganze Souveränität des BFC Dynamo war kurzzeitig komplett verschwunden. Tatsächlich gab es noch eine letzte Ecke für den Außenseiter aus dem Grunewald, und der letzte Kopfball ging – an die Latte. Danach war Schluss.

Vorher hatte es lange nach einem sicheren Sieg des Regionalligisten ausgesehen. Der BFC Dynamo kontrollierte das Spiel, ohne wirklich dominant zu erscheinen. Die ganz in weiß auftretenden Ostberliner gingen in der 17. Minute durch Rufat Dadashov in Führung, gerade als sich der BSC anschickte, das Spiel ausgeglichen zu gestalten und ebenfalls zu Chancen zu kommen. Ähnlich in Halbzeit zwei: Der BSC kam besser ins Spiel, das Tor für den BFC köpfte Rufat Dadashov in der 62. Minute. 2:0. Die Sache schien früh durch.

Aber dann kamen die Schlussminuten. Während der regulären Spielzeit war der Zweiklassenunterschied zwischen dem Titelverteidiger aus dem Osten und dem Pokalfinaldebütanten aus dem tiefen Westen an einigen Punkten offensichtlich geworden: Der BFC stand besser, war durchsetzungsfähiger, hatte einen Plan. Der Berliner SC wirkte jung, unerfahren und im Schnitt einen Kopf kleiner als die Schränke aus dem Osten. Aber die Schwarz-Gelben, die an diesem sonnigen Pfingstmontagnachmittag ganz in Schwarz auftraten, gaben nie auf, spielten leidenschaftlich, und hatten im Jahn-Sportpark, der ursprünglichen Heimat von Dynamo mit der großen DDR-Vergangenheit, sogar breite Unterstützung mobilisiert.

Überraschend gute Saison

Für den Berlinligisten war schon das Erreichen des Finales ein Riesenerfolg. Ein Sieg im Finale und damit der Einzug in die erste Runde des DFB-Pokals wäre eine Sensation gewesen. Überhaupt haben die Grunewalder eine überraschend gute Saison gespielt. In der Berlinliga spielte man lange oben mit, musste sich aber hinter der letztlich dominanten und wiedererstarkten Blau-Weiß 90 einreihen.

Ob man in Berlin eine größere Rolle zu spielen weiß oder sich erneut einer Traditionsmannschaft unterordnen muss, wird sich in der nächsten Saison zeigen. Nur Tasmania ist in der Durchlaufliga auf Stadtebene übrig geblieben.

Der umstrittene Kultklub aus Hohenschönhausen kann sich über ein erneutes Heimspiel im Pokal im August freuen, muss aber deutlich in den Kader investieren, will man in der nächsten Spielzeit mehr erreichen als einen achtbaren zweiten Platz in der Liga. Einfach wird es nicht: Energie Cottbus (siehe Text oben), unangefochtener Meister der Regionalliga Nord-Ost, ist noch nicht aufgestiegen – die Relegation steht noch aus, von oben kommen die starken Traditionsklubs aus Chemnitz und Erfurt, und die Konkurrenz aus Leipzig ist nicht ohne. Und am Ende kommt mit Tennis Borussia ein weiterer schlafender Riese aus der fünften Liga hoch, um dem BFC den Status des dritten Klubs in der Stadt nach Hertha und Union wieder streitig zu machen.

Vom 1. FC Union, dem Erzfeind aus Köpenick, ist man jedenfalls noch Welten entfernt. Der BFC steht zwar um einiges solider da als in jüngerer Vergangenheit. Aber die merkwürdige Arroganz, die sich im Spiel und danach gegenüber dem fairen und mutigen Berliner SC Bahn brach, lässt auf ein Selbstverständnis schließen, das nicht viel mit der Realität zu tun hat.

Natürlich ging es nicht ohne Trouble ab im mit 6.428 Zuschauern ausbaubar gefüllten Stadion am Mauerpark. Kaum war der Schlusspfiff ertönt, öffnete sich in der Gegengeraden ein Tor, und es kam zu einem friedlichen, aber veritablen Platzsturm. Die Siegerehrung verschob sich um eine gute Stunde.

Was passiert wäre, hätte der Berliner SC die Verlängerung erreicht, und dann das Unmögliche geschafft, will man sich gar nicht ausdenken. Das Heimstadion des BFC zeigte darüber hinaus noch andere Mängel: WLAN gab es keins, und ohne Kappe oder sonstigem Sichtschutz sah es schlecht aus auf den Haupträngen: Die Sonne brannte lustig von der Gegenseite herunter. Architekturfehler in Sachen Stadionbau. Vielleicht aber auch nur ein Luxusproblem an diesem schönen, warmen Pfingstmontag.

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