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Humor und Hypnose

Da sag noch eine, Mathrock oder Postrock sei kompliziert oder verkopft! Das Duo Molde aus Berlin und Leipzig zeigt, dass Humor und vertrackte Musik sich keineswegs ausschließen müssen. Während auf dem 2015er-Album „Brom“ in den Songtiteln eine gewisse Affinität für japanische Skisprunglegenden durchschien („Noriaki Kasai“, „Masahiko Harada“), glänzt man nun mit einem aus Internetfunden zusammengeschnipselten Video, in dem es fernsehguckende Hunde und rattenfressende Möwen, saufende und kotzende Menschen, Schweine­hintern und Riesenschildkröten zu sehen gibt – alles, was das Trash-Herz begehrt. „George Kamerun“ heißt der Song, und der bekommt im Clip entsprechend auch eine kleine Sequenz ab. Eine interessante Hommage.

Dabei sollte aber nicht untergehen, dass auch die Musik, die Alexander Günther und Denes Bieberich auf dem neuen Minialbum „City of Dreams II“ abliefern, ganz fein ist. Molde macht in Songs wie „Dig Dynamics“ so viel Lärm, dass man vergisst, dass die beiden zu zweit sind, glänzt dann in „Girls don’t boys“ (sic!) mit versponnen-verwobenen Gitarrenläufen und legt mit „Emma“ zum Abschluss einen Track hin, der all ihre Qualitäten bündelt: Free Jazz und Repetitives sind da zu hören, dann aber auch Indie, Rock und Emocore. Wie in den restlichen 5 Stücken geht das auch deshalb so gut zusammen, weil die beiden Könner an Gitarre und Drums sind. Macht Spaß.

Und dann wäre da noch Aidan Baker, der aktuell in sieben Bands spielt, einen beeindruckenden Output hat und dessen bekanntestes Projekt wohl das Noise-Duo Nadja ist, das er gemeinsam mit seiner Frau Leah Buckareff betreibt. Caudal heißt ein Trio, in dem er seit einigen Jahren spielt und das in diesen Tagen mit „Fight Cry Fight“ ein neues Album vorlegt. „Trance­punk“ nennen sie ihren Stil selbst – und das ist äußerst plausibel: der Sound ist hypnotisch, aber auch rockig, Postpunk-Anleihen finden sich genauso wie Krautrock-Klänge. Die drei – neben Baker noch Gareth Sweeney (Bass) und Felipe Salazar (Drums) – grooven sich in den meist langen Stücken gut ein und legen eine Synthesizer-Schicht über ihr rhythmisches Zusammenspiel. Insgesamt: angenehm entzückend und entrückend. Jens Uthoff

Caudal – Fight Cry Fight (Drone Rock Records/Katuktu Collective)

Molde – „City of Dreams II“ (Mikrokleinstgarten), 12.5. Internet Explorer

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