: Endlich ein Akademiker-Aldi
Im neuen Strategiepapier setzt sich die Universität für die nächsten zehn Jahre hohe Ziele, bleibt dabei aber äußerst vage. Ob sie Geld für die Umsetzung bekommt, entscheidet der Senat
Von Klaus Wolschner
„Strategie 2018–2028“ steht auf dem Papier, das die Universität Bremen jetzt öffentlich vorgestellt hat. Es soll eine Strategie für zehn Jahre sein, erarbeitet in einer anderthalbjährigen Diskussion, abgestimmt im Konsensverfahren.
Bloß: ein Konsens über was? Über den Streit der Fakultäten um das knappe Geld? Über die Frage, wie viel industrienahe technologische Forschung und wie viel kritische Geisteswissenschaft betrieben werden soll, oder wie man es schaffen kann, wieder in den Kreis der Exzellenz-Unis zurückzukehren? Oder gar über den Umgang mit der Affenforschung des Neurobiologen Andreas Kreiter?
Wer eine Auskunft über die zentralen strategischen Fragen erwartet, muss enttäuscht sein. Es ist eher ein „Leitbild“ als ein Strategiepapier, und tatsächlich spricht auch Rektor Scholz-Reiter von „Leitplanken“, die hier niedergelegt seien. Der für ihn entscheidende Satz steht unter der Überschrift „Unsere Vision“ und lautet: „Die Uni Bremen ist eine führende europäische Forschungsuniversität und ein inspirierender Ort der Bildung, sie ist vielfältig, verantwortungsbewusst, kooperativ und kreativ.“ Das klingt nach Werbeagentur, wie auch der Rest der Broschüre. So kann man unter der Überschrift „Unsere Strategie auf einen Blick“ lesen: „Wir setzen uns hohe Ziele. Wir lernen gemeinsam. Wir handeln agil und kreativ. Wir experimentieren. Wir kooperieren.“
Zu den konkretesten Feststellungen gehört die Aussage, dass „das breite Fächerspektrum in seiner Vielfalt erhalten bleibt“ – eine Garantie, aber nur für die „Vielfalt“, nicht für die Fächer im Einzelnen. Die Broschüre soll allen 3.500 Mitarbeitern in die Hand gedrückt werden und auch für die 20.000 Studierenden ausliegen, denn die sollen die guten Vorsätze immerhin „leben“.
Die wahre Strategie macht die Behörde
Soll das Papier ein neuer Anlauf auf die Exzellenz-Initiative sein? Es sei lediglich „ein kleiner Baustein“ auf dem Weg zur führenden europäischen Forschungsuniversität, versucht der Rektor die Erwartungen zu dämpfen. Die Konkurrenten haben sieben Jahre Zeit – und Geld – sich für die Verteidigung ihrer Position stark zu machen. Die vier „Cluster“, mit denen die Uni in die Bewerbung gegangen war, hatten laut Scholz-Reiter ein ausreichendes Niveau, waren aber nicht hinreichend ausgestattet. 20 Millionen Euro hat die Uni beantragt für den „Wissenschaftsplan 2020–2025“. Die Wissenschaftssenatorin hat einen Entwurf gemacht, bloß, was da drin steht und welche Wünsche der Uni darin berücksichtigt wurden, weiß der Rektor noch nicht.
Natürlich muss die Universität auch regionalen Interessen dienen. Sie soll sich mehr mit der Stadt verbinden, und vielleicht wäre es schön, auf dem Marktplatz mehr Studenten als Touristen zu sehen. Aber an einer Auslagerung einzelner Studiengänge hat die Uni kein Interesse – das würde lange Wege für viele bedeuten.
Ein Konferenzzentrum in der Stadt, das könnte man sich hingegen sehr wohl vorstellen. Und die Anbindung kann auch noch besser werden. Erst mal kommt im Sommer aber urbane Infrastruktur an die Universität – ein Aldi wird eröffnet.
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