: Tunnel statt Köhlbrandbrücke
Zu klein, zu alt: Die Köhlbrandbrücke muss weg. Die Hafenbehörde will sie neu bauen – oder einen Doppel-Tunnel durch die Elbe graben. Im Herbst dieses Jahres soll eine Entscheidung fallen. Autofahrer müssen dann mit gesperrten Fahrspuren rechnen
Von Tobias Scharnagl
Ein zweistöckiger Tunnel könnte die altersschwache Köhlbrandbrücke ersetzen. Könnte. Entschieden hat sich die Hafenbehörde HPA offenbar noch nicht. Sie prüfe diese Möglichkeit ebenso wie den Neubau der Brücke – und will das Ergebnis einer Konzeptstudie im Herbst bekannt geben. Technisch machbar seien beide Varianten. „Der Prozess ist bewusst offen für alle möglichen Ideen gestaltet“, sagte HPA-CEO Jens Meier am Mittwoch.
Matthias Grabe, der technische Geschäftsführer der HPA, sagte, die Lebenszeit der 1974 in Betrieb genommenen Brücke sei 2030 überschritten. Eine neue Brücke müsste 20 Meter höher werden, damit die größeren Schiffe den Seitenarm der Süderelbe zum modernsten Hamburger Containerterminal Altenwerder befahren könnten.
Aktuell hat die Brücke eine Durchfahrtshöhe von 53 Metern – die neuesten und größten Containerschiffe weisen mit Ladung aber eine Höhe von bis zu 60 Metern auf. Experten bemängeln am Hafen vor allem drei ungelöste Probleme: die im Ungefähren liegende Elbvertiefung, die zunehmende Verschlickung von Hafenbecken und Liegeplätzen – und eben die schlechte Erreichbarkeit Altenwerders.
Während die Konkurrenten Rotterdam und Antwerpen beim Containerumschlag zulegen, fällt Hamburg zurück. Wachstumskritiker mögen das begrüßen, doch die Konsequenzen liegen auf der Hand: Noch ist Hamburg Deutschlands größter Universalhafen mit mehr als 156.000 Arbeitsplätzen in der Region.
Die unterirdische Variante klingt spektakulär: Statt der Brücke soll ein Doppelstock-Tunnel die Elbe queren – mit einer Extraspur für autonom fahrende Containertransporter. Auf diese Lösung laufe alles hinaus, hatte das Hamburger Abendblatt im Vorfeld berichtet. Die zuständige Wirtschaftsbehörde will das nicht bestätigen. Es gebe „definitiv keine Tendenz, keine Entscheidung“. Das technische Gutachten soll im Laufe des Jahres vorliegen. Anschließend müssten noch Kosten und Finanzierung geklärt werden.
Ein solcher Tunnel koste im Bau zwar mehr, entlaste aber langfristig den Haushalt, zitierte das Abendblatt das zuständige Planungsbüro Babendererde. „Die Instandhaltungskosten müssen nämlich mit eingerechnet werden, und die sind bei der Brücke sehr viel höher“, sagte Geschäftsführer Tim Babendererde. Die Lebensdauer der Brücke sei zudem um Jahrzehnte kürzer.
Die Planer versprechen sich außerdem eine Entlastung des Autoverkehrs: durch zwei Extraspuren für Roboter-Containertaxis unter einer vier- bis sechsspurigen Straßenebene – wo dann mehr Platz für Autos wäre, zudem würden die Containertransporte seltener den Autoverkehr behindern.
Beim Tunnel kämen zwei Bauvarianten in Betracht, erläuterte Grabe. Entweder würden die beiden Röhren für je drei Fahrspuren unter dem Köhlbrand gebohrt oder fertige Bauelemente im Wasser versenkt. Tunnel oder Neubau? Die Kosten des Projekts könne die Hafenbehörde noch nicht beziffern. Bauzeit: fünf bis sechs Jahre. Schon jetzt gebe es Einschränkungen auf der Brücke. Für Lastwagen gelte ein Überholverbot.
Die HPA schließt nicht aus, dass Fahrspuren gesperrt oder der Schwerverkehr eingeschränkt werden muss. Über die Brücke rollen täglich rund 35.000 Fahrzeuge, davon rund 12.000 Lkw, von 2014 bis 2016 wurde sie für 60 Millionen Euro erneuert.
Dass die neue Köhlbrandquerung die weiter südlich geplante A26 (Hafenquerspange) überflüssig machen könnte, glaubt die HPA nicht. Simulationen zeigten, dass eine Sperrung der Brücke auch auf der A26 für Chaos sorgen würde, sagte Grabe. Der Naturschutzbund Nabu kritisiert eine „überflüssige Doppelinfrastruktur“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen