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Verkehrsclub klagt gegen Bahnhofsverlegung

Der ökologische Verkehrsclub VCD moniert die fehlende Umweltverträglichkeits- und Alternativenprüfung. Eine Aufgabe des Fernbahnhofs Altona habe mehr Nach- als Vorteile

Fernbahnhof Altona: Noch kann man hier in ICEs einsteigen Foto: Axel Heimken/dpa

Von Gernot Knödler

Gegen die Verlegung des Fernbahnhofs Altona an den Diebs­teich hat der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) Klage beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht eingereicht. Der Landesverband Nord des VCD befürchtet, dass bei einer Verlegung „der Hamburger Westen, der Messestandort und weite Teile Schleswig-Holsteins vom Fernverkehr abgehängt werden“. Von der Klage erhofft er sich, dass die Bahn gezwungen wird, ihre Entscheidungsgründe offenzulegen und die Kosten transparent zu machen.

Formal klagt der VCD, weil für das Planfeststellungsverfahren zur Bahnhofsverlegung keine Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht wurde. Michael Jung, VCD-Mitglied, Sprecher der Bürgerinitiative Prellbock-Altona und ebenfalls Kläger, wirft dem Eisenbahnbundesamt als Planfeststellungsbehörde einen juristischen Winkelzug vor, um die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu vermeiden: Anders als die DB-Netz habe das Amt den Bahnhof als „Bau einer sonstigen Betriebsanlage von Eisenbahnen“ eingestuft und nicht als Bau eines Schienenweges – wodurch eine UVP nicht mehr zwingend ist. Dabei spricht die Bahn selbst vom Neubau von 25 Kilometern Gleisen.

Der VCD wirft dem Eisenbahnbundesamt zudem vor, die Alternativen zur Bahnhofsverlegung nicht ausreichend geprüft zu haben. Die Bahn habe nicht ermittelt, ob sich der jetzige Bahnhof Altona optimieren lasse und dieses Ergebnis mit der Verlegung verglichen, kritisiert Rainer Schneider vom Vorstand des VCD Nord. „Die Begründungen, die uns gegeben wurden, waren für uns nicht nachvollziehbar.“

Die Bahn argumentiert damit, dass die Pünktlichkeit besser werde, weil sich S- und Fernbahnen auf den Gleisen weniger ins Gehege kämen; weil die Umsteigemöglichkeiten zum Nahverkehr verbessert würden; weil die Reisenden kürzere Wege hätten und der Hauptbahnhof entlastet werde. Außerdem reduziere sich bei dem Durchgangsbahnhof der Zeit- und Personalaufwand der Bahn.

Wie die Bahn zu diesen Aussagen kommt, hat sie allerdings nicht offengelegt. Die eisenbahnbetriebswissenschaftliche Untersuchung sei eine interne Untersuchung der DB, führte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) dazu im November in der Bürgerschaft aus. „Das heißt also, dass damit öffentlich nicht umgegangen werden konnte“, sagte die Senatorin.

Der VCD befürchtet, dass die Bahn mit dem Projekt Kosten sparen will, dass damit aber unterm Strich Verschlechterungen für die Fahrgäste und die Umwelt einhergehen: Der heutige Fernbahnhof liege im Herzen der Stadt und könne von 100.000 Menschen zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreicht werden. 10.000 Pendler, die täglich aus Schleswig-Holstein nach Altona kämen, müssten künftig umsteigen.

Fernreisende aus dem Hamburger Westen, die heute in Altona einstiegen, stiegen künftig im ohnehin überlasteten Hauptbahnhof zu. Überdies könnten Reisende aus Schleswig-Holstein heute schon am Dammtor bequem und barrierefrei in die Fernzüge umsteigen. Der VCD wittert die Gefahr, dass der Dammtorbahnhof in Zukunft von den Fernzügen „nach und nach ohne Halt durchfahren wird“.

Eine Verbesserung ergäbe sich am Diebsteich in der Tat dadurch, das Fahrgäste, die mit der S3 in den Citytunnel fahren wollten, eine neue Umsteigemöglichkeit erhielten. Das sei „der einzige Vorteil“, behauptet Schneider. Dem stehe aber entgegen, dass nach Altona nach Wegfall des Regional- und Fernverkehrs immer umgestiegen werden müsse. „Die Position der Bahn zur Rationalisierung können wir zwar aus rein betrieblicher Sicht nachvollziehen, aus Fahrgast- und Umweltsicht aber auf keinen Fall gutheißen“, lautet das Fazit des VCD.

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