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Vier Beteiligte, ein Prozess

In Lübeck begann ein Verfahren gegen einen Antifaschisten, der einen Rechtsextremen verletzt haben soll

Von Andreas Speit

Gestern begann das Verfahren gegen Luca Leon M. wegen gefährlicher Körperverletzung. Am 18. Februar 2017 soll der heute 19-Jährige aus der Antifa-Szene mit einem Teleskopschlagstock auf Volker Z., Kader der „Identitären Bewegung“, eingeschlagen haben. Die Richterin weist Z. mehrmals darauf hin, dass er sich auch selbst belasten könnte.

Nicht ohne Hintergedanken: Denn in der Nacht gegen 0.55 Uhr stach einer von Z.s beiden Begleitern mit einem Messer auf M. ein, verletzte ihn an Hals und Schulter. Im Krankenhaus musste M. genäht werden. Die Ermittlungen gegen die Mitglieder der Identitären Bewegung wurden aber alle eingestellt. „In der Gesamtbetrachtung schätzte die Staatsanwaltschaft ein, dass aus Notwehr ein Messer eingesetzt wurde“, sagt die Anwältin von M., Britta Eder.

Vor Gericht bemühte sich Z., die Rolle der Identitären bei der Auseinandersetzung herunterzuspielen. Zufällig seien sie am Bahnhof aufeinander getroffen. Z. wollte schon in ein Taxi steigen, als er Rufe „Nazis, Faschos“ hörte, sagte er. Seine Mitstreiter Sebastian P. und Sebastian L. waren verbal mit M. und einer Frau aneinander geraten. „Ich wollte schlichten“ sagte Z., sah aber, dass M. irgendwas in der rechten Hand hielt, da hätte er ein Messer gezogen, es später aber wieder eingesteckt. Er will auch gesagt haben: „Ich stecke meine Waffe weg, du deine“. Doch M. hätte dann zugeschlagen. In dem Konflikt soll einer der Sebastians dann mit dem Messer zugestochen haben.

In der Verhandlung ließ die Richterin ein Video vorführen in dem eine Frau ruft: „Er hat ein Messer!“ Ein Taxifahrer hatte die Auseinandersetzung mit dem Handy gefilmt. In dem Ausschnitt ist zu sehen, das M. auf Z. einschlägt, und Z. von hinten von einer Radfahrerin umgefahren wird.

Vor Ort hätten die drei Geschädigten sich nicht sehr gesprächig gezeigt, berichtete eine Polizeibeamtin, die zu dem Vorfall hinzugerufen wurde. Großes Interesse an einer Strafverfolgung soll Z. nicht gezeigt haben.

Nachdem sich ihr Kollege das Video angeschaut hatte, fassten sie wegen des Messers nach. Z. gab ihnen sein Messer. Über die andere Stichwaffe sagten die drei offensichtlich nichts. Der Beamte erzählte, dass sie zunächst auch eine Auseinandersetzung abgestritten hatten. Sie waren unkooperativ, aber nicht geschockt gewesen, erinnerte er sich. Eder fasste wegen des Messers bei den Polizisten nach, wollte wissen, ob die Identitären von Abwehrhandlungen gesprochen hätte. „Nee“ sagte der Beamte.

Am Donnerstag wird die Verhandlung fortgesetzt.

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