: Spieglein, Spieglein ...
Im Job sind die Kolleginnen vor allem Konkurrenz und selbst der besten Freundin gönnt man als Single die glückliche Beziehung nicht. Frauen gelten als neidischer als Männer. Aber stimmt das Klischee?
Von Laura Ficht und Katharina Spreier
„Eine der größten Gefahren lauert in den eigenen Reihen: Es sind Frauen selbst. Sie sind die gefährlichsten Konkurrentinnen und mitunter auch die schlimmsten Feinde, weil sie gemein, intrigant und hinterlistig werden können“, heißt es in einem Artikel auf gofeminin. Die Frauenzeitschrift Petra schreibt: „Es reicht schon, dass eine nicht allzu unscheinbare Frau das Lokal betritt. Es schleicht sich die Frage an: Ist sie schöner als ich? Was hat sie, was ich nicht habe?“ Zickenkrieg, Stutenbissigkeit, das Bild der missgünstigen Frau, die andere als Rivalinnen wahrnimmt. Klischees, die Frauenmagazine immer wieder reproduzieren.
Oder ist doch etwas dran? Sind Frauen neidischer als Männer?
Zumindest psychologisch ist die Annahme nicht fundiert. Jan Crusius ist Sozialpsychologe und Neidforscher an der Universität Köln. Er reagiert überrascht auf die Frage, ob es zwischen Männern und Frauen Unterschiede gibt. „Es gibt keine Studie, die belegt, dass ein Geschlecht mehr Neid empfindet als das andere“. Worin es aber durchaus Unterschiede gebe ist der Gegenstand des Neids. „Männer beneiden einander, wenn es um Status, finanzielle Ressourcen und Materielles geht, während Frauen eher der Gedanke wurmt, dass eine andere Frau attraktiver sein könnte oder mehr Erfolg im Studium oder Beruf hat“.
Letzteres wird mit Blick auf den Arbeitsmarkt nachvollziehbar. Denn Frauen sind besonders in Führungspositionen noch immer unterrepräsentiert. Die Plätze für sie an der Spitze sind knapp und umkämpft. Dass sie sich deshalb häufiger als Rivalinnen begreifen, scheint dann nur logisch.
Laut Crusius wird Neid außerdem unterschiedlich ausgelebt. Männer geben offener zu, wenn sie Neid empfinden. Frauen hingegen tendieren dazu, die direkte Konfrontation zu vermeiden, verschweigen ihre neidischen Gefühle häufiger.
Doch egal bei welchem Geschlecht: „Wann Neid empfunden wird und in welchem Kontext, basiert auf sozialem Vergleich und spiegelt die Dinge wider, die für einen selber wichtig sind oder als gesellschaftlich anerkannt gelten“, sagt Crusius.
Das lernt man häufig schon in der Kindheit. Während bei Mädchen früh der Fokus auf das Aussehen gelegt wird und Studien zu Folge dieser Aspekt das meiste Lob einbringt, ist bei Jungs Lob und Ansehen eher mit ihren konkreten Handlungen verbunden. Äußerlichkeiten werden außerdem auf „gute Gene“ zurückgeführt, etwas, woran man aktiv also nichts ändern kann. Eine ideale Grundlage für Neid.
Almut Schnerring ist Kommunikationstrainerin und Autorin („Die rosa-hellblau-Falle“). Sie beschäftigt sich mit Rollenbildern, die Kindern von Geburt an eingetrichtert werden. „Besonders problematisch können Erwartungshaltungen sein“, sagt Schnerring. Ein „richtiger“ Junge hat sich bestimmt zu verhalten und ein „typisches“ Mädchen eben anders.
„Das beste Beispiel ist der Begriff „Zicke“, der in unserem Sprachgebrauch weiblich konnotiert ist.“ Ähnliches Verhalten wird durch diese Einordnung unterschiedlich gedeutet. „Er ist durchsetzungsfähig, sie zickig.“ Schnerring fasst das Problem so zusammen: „Wenn man erwartet ‚Die Mädchen sind mal wieder zickig‘, dann wird sich nie etwas an der Situation ändern“.
Der Weg aus den einschränkenden Stereotypen könne nur durch wachsendes Bewusstsein sowie Sensibilisierung erfolgen. „Ich wünsche mir eine Auseinandersetzung mit Rollenklischees. Der Umgang miteinander muss geschlechterunabhängig gefördert werden.“ Sinnvoll dafür seien Mentoring-Programme und Initiativen, die ein Netzwerk für Frauen aufbauen und den Zusammenhalt stärken wollen.
Nur weil eine attraktive, erfolgreiche Frau das Lokal betritt, bedeutet das nicht, dass man es selbst nicht ist. Sich ewig zu fragen „Ist sie schöner als ich?“ hat der bösen Königin in Schneewittchen nicht geholfen und auch im Alltag kommt damit keiner voran. In einer Welt voller Gefahren sollte man sie nicht ausschließlich in den eigenen Reihen suchen.
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