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Datenskandal um Cambridge AnalyticaBundestag lädt Facebook vor

Der Digitalausschuss befragte Facebook-Vertreter zur Datenpanne. Nach dürren Antworten soll als nächstes Top-Managerin Sheryl Sandberg kommen.

Der Ausschuss will sie nach Berlin bitten: Sheryl Sandberg, Facebooks Nummer 2 nach Mark Zuckerberg Foto: dpa

Berlin taz | Der Digitalausschuss des Bundestags hat am Freitag zwei Facebook-Abgesandte befragt, um Antworten im Fall der Weitergabe von Daten an das Unternehmen Cambridge Analytica zu erhalten. Zufrieden zeigte sich nach der einstündigen Sitzung aber keines der Ausschussmitglieder. „Im Großen und Ganzen haben wir Pressemitteilungen vorgelesen bekommen“, sagte der Abgeordnete Thomas Jarzombek (CDU) aufgebracht.

Er kündigte zudem an, für die nächste Sitzung die hochrangige Facebook-Managerin Sheryl Sandberg zur Befragung einladen zu wollen.

Vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass Cambridge Analytica unrechtmäßig Daten von 50 Millionen Facebook-Konten verwendet hatte, um damit gezielte Werbung im US-Wahlkampf zu schalten. Vorgeworfen wird Facebook, die Weitergabe toleriert zu haben, zumindest aber das eigene System nicht ausreichend gesichert zu haben.

Die Facebook-Abgesandten bestätigten nun im Ausschuss immerhin, dass das Unternehmen mindestens seit 2015 vom Abgriff der Daten und der Nutzung durch Cambridge Analytica wusste. Bis dahin hatte Facebook sich nach eigenen Angaben auf die Beteuerungen Cambridge Analyticas verlassen, dass die erhobenen Daten gelöscht werden würden. Dies hält FDP-Obmann Manuel Höferlin für „sehr unglaubwürdig“.

Auch rechnet das Unternehmen selbst damit, dass in Zukunft viele weitere Fällen publik würden.

Unklarheit über betroffene Deutsche

Entscheidend in der Anhörung im Digitalausschuss war auch die Frage, ob deutsche Facebook-Konten betroffen waren. Dazu konnte das Unternehmen noch nicht Stellung nehmen, dies werde noch intern geprüft.

Dass persönliche Daten gesammelt und weiterverwendet werden, ist nicht neu. „Es ist das Geschäftsmodell von Facebook, so zu arbeiten“, sagte die Obfrau der Linken, Anke Domscheit-Berg. Der Ausschuss fordert von Facebook daher ein Ende dieser Praktiken sowie Transparenz bei der Aufklärung.

Doch es gibt Zweifel unter den Mitgliedern, ob der Digitalausschuss genügend Druck für Veränderungen aufbauen könne. Ihm gehören lediglich 21 Abgeordnete an. Gemessen an der Aufgabe, die Themen Digitalisierung, Internet und Datenschutz voranzubringen, gilt er deshalb als unzulänglich besetzt. „Im Moment sitzen wir nur am Katzentischchen“, sagte Domscheit-Berg. Dieter Janecek, Obmann der Grünen konkretisierte: „Der Ausschuss braucht endlich die Federführung bei der Digitalagenda.“

Wie geht man gegen Facebook vor?

Gerade beim Umgang mit Facebook müsse man selbstbewusst sein. „Scheinbar versteht dieses Unternehmen nur die Sprache der Regulierung. Wir müssen Facebook dort treffen, wo es weh tut“, sagte Domscheit-Berg – und zwar beim Gewinn.

Mit der neuen Datenschutzgrundverordnung, die Ende Mai 2018 EU-weit in Kraft tritt, können für Datenschutzvergehen empfindliche Strafen erhoben werden. Aber dies reiche noch nicht aus, sagt Domscheit-Berg. „Ich appelliere an alle Werbekunden von Facebook, sich die Frage zu stellen, ob sie mit Datenmissbrauch in Verbindung gebracht werden wollen.“ Am Donnerstag hatte die Commerzbank angekündigt, nicht weiter Anzeigen auf Facebook schalten zu wollen.

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7 Kommentare

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  • Ich glaube nicht dass die Mehrheit dieses Ausschusses beurteilen kann, was Internet und Facebook als internationale Medien für den nationalen User bedeuten. Da kann man nicht die Medien regeln sondern nur den User. Jeder weiß, dass mit Einstellen der Daten er die Hoheit über diese Daten abgibt. Hinterherweinen nutz dann nichts mehr!

  • Information ist Macht. Datenmissbrauch kann eine Absicht darstellen. Wenn Unternehmen Regeln nicht beachten, müssen sie hart bestraft werden. Sehr hohe Einnahmen daraus können dem Volk zu Gute kommen!

  • „Ich appelliere an alle Werbekunden von Facebook, sich die Frage zu stellen, ob sie mit Datenmissbrauch in Verbindung gebracht werden wollen.“

     

    Wenn's (fast) alle tun, dann kümmert das keinen mehr.

  • Man hätte Facebook verbieten sollen eine Europaabgeordnete der SPD anzuheuern.

  • Dann sollte der naive Bundestagsausschuß besser den "UK Deep Staate" vorladen:

     

    Liam O Hare on the deep connections between Cambridge Analytica’s parent company Strategic Communication Laboratories (SCL Group) and the Conservative Party and military establishment, ‘Board members include an array of Lords, Tory donors, ex-British army officers and defense contractors. This is scandal that cuts to the heart of the British establishment.’

     

    //bellacaledonia.org.uk/2018/03/20/scl-a-very-british-coup/

  • "Dass persönliche Daten gesammelt und weiterverwendet werden, ist nicht neu. Es ist das Geschäftsmodell von Facebook, so zu arbeiten"

     

    Genauer: Möglichst viele personenbezogene Daten mit *und ohne* Zustimmung oder Wissen der Betroffenen zu sammeln, zu verwerten und zu verhökern.

     

    "Der Ausschuss fordert von Facebook daher ein Ende dieser Praktiken sowie Transparenz bei der Aufklärung."

     

    Äh - Ausschuss, ihr habt da was nicht verstanden. Darauf basiert der ganze Laden. Die ganze Branche. Gerade auf dem Punkt "ohne Zustimmung". Der bedeutet Faktor 1000 bei der Größe der Datenmenge, die man kriegen kann. Viel mehr Datenware. Auch erschlichene und erzwungene Zustimmung = ohne Zustimmung. Du willst WhatsApp nutzen? Toll, nur kurz diese Blankovollmacht unterschreiben.

     

    Das ist bei Handys der Normalfall und übrigens auf fast jeder beliebigen Webseite so. Auf welcher ist kein tracker? Auch hier auf taz.de sind gleich mehrere am Start, ganz normal, da reden wir gar nicht drüber, nur wenn sich mal User beschweren, entschuldigt man sich, wie jetzt bei Facebook - und weiter gehts wie vorher.

     

    Ziemlich viele Nutzer holen sich daher ihr Recht, gefragt zu werden und ablehnen zu können, mit technischen Mitteln zurück, durch Adblocker und NoScript bspw. Auf Rechnern geht das noch ganz gut, auf Handys schlecht und im privatisierten Internet a la Facebook gar nicht. Die Privacy-Knöpfchen dort sind lächerlich, weil niemand kontrollieren kann, was Facebook hinter den Kulissen mit den Daten macht, Schalter hin oder her.

     

    CA hat auch deswegen so Wellen gemacht, weil über die "Freunde" der paar 100000 Quizteilnehmer 50 Millionen Menschen wurden, deren persönliche Daten über Eck abgesaugt wurden. Bloß - das ist Facebooks Normalbetrieb, in Zeitlupe! Sicher steht in 2 km langen AGBs, dass man in solche kriminellen Praktiken einwilligt, wenn man Facebooks Dienste nutzt. Völlig legitim alles. Wie die Steuervermeidung.

     

    Facebooks Pfund ist der Sitz in USA und die Abhängigkeit der User.

    • @uvw:

      »Facebooks Pfund ist ... die Abhängigkeit der User.«

       

      Kein Mensch ist gezwungen, Facebook nutzen. Wer's tut, muss das schon selbst verantworten. Inklusive aller Konsequenzen.

       

      Problematisch finde ich allein, dass man dort auch ohne Nutzerkonto gut zu finden ist, weil andere dort nicht nur ihren eigenen Kram zur Schau stellen.