Neues Magazin „JWD“: Kein klassisches Männerheft

Mal wieder eine neue Zeitschrift eines B-Promis: Gruner und Jahr bringt „JWD“ auf den Markt – das Magazin von, für, mit und aus Joko Winterscheidt.

Joko Winterscheidt steht vor einer Wand, auf dem die einzelnen Heftseiten gepinnt sind.

Joko Winterscheidt zwar mit Dreitagebart, aber ohne Zigarette Foto: dpa

Der Bahnhofskiosk – unendliche Weiten: Knapp 1.600 Publikumszeitschriften schwappen regelmäßig in die Regale. In loser Folge und streng nach dem Zufallsprinzip stößt das taz-Medienressort in Parallelwelten vor, die manche menschliche Wesen regelmäßig aufsuchen, auf der Suche nach genau der Zeitschrift, die ihrem Leben den ganz speziellen Sinn gibt. Heute: „JWD“, das Magazin von, für, mit und aus Joko Winterscheidt.

Superstars machen Parfums, Dessous und Accessoires. B-Promis machen Magazine. Jedenfalls seit Herbst 2015, als Gruner + Jahr mit Barbara eine Zeitschrift auf den Markt brachte, die Cover für Cover immer nur eine einzige Prominente zeigt: Barbara Schöneberger. Das Konzept: Euer Lieblingsfernsehsternchen, jetzt noch näher, noch greifbarer, durch ein Heft, das sie selbst kuratiert, vollschreibt und bebildert. Und es funktioniert: Barbara hält sich seit ihrem Erscheinen stabil bei einer verkauften Auflage von etwas über 100.000 – immerhin eine Viertel-Brigitte. Und so bekam auch Realitystar Daniela Katzenberger vergangenes Jahr von Bauer Media ihre eigene Zeitung Daniela. Nun ist wieder Gruner + Jahr dran und diesmal Joko Winterscheidt, ProSieben-Moderator und Ikone für neue Männlichkeit. Mit einer Druckauflage von 200.000 soll JWD zehnmal im Jahr erscheinen.

Wie schaut's aus?

Wie ein Magazin, das zu cool ist, um ein Magazin zu sein. Auf dem Cover des Hefts zündet sich ein Joko mit Dreitagebart und Out-of-bed-Look eine Zigarette an – und zwar mit einer brennenden Ausgabe von JWD, auf deren Titel wiederum ein Joko mit Dreitagebart und … eine Mise-en-Abyme der gewollten Lässigkeit. Der Hintergrund sieht aus wie das Birkenfurnier in Opas Kegelbahn. Aber die ist ja inzwischen eine schicke Whiskeybar, also passt das schon.

Was steht drin?

JWD geht mit seinem Zeitgeist-Charakter weit über den Themenmix klassischer Männermagazine hinaus“, verkündete der Verlag zum Launch vor Ostern. Während der Zielgruppenmann des klassischen Männermagazins ausgeruht nach einer Segelpartie auf dem eigenen Weingut Boule spielen möchte, ist der JWD-Leser jünger, unternehmungslustiger und experimentierfreudig. Reporter berichten von legalem Kannabiskonsum im Kalifornien, Mars-Simulationen in der Wüste und besorgen sich ein Tinder-Date für ein Nacktrestaurant in Paris. Im letzten Viertel gibt’s dann noch Style.

Wer liest es?

Es ist wahr, JWD spricht ein neues Männerpublikum an. Jungs, die schneller zu Geld gekommen sind, als sie erwachsen werden konnten. Es werden Audis und Armbanduhren beworben, gleichzeitig steht die Themenauswahl für die Freude an der Unreife. Eine Reportage aus dem Nacktrestaurant? Kiffende Nonnen? Jesses Maria, die Sechziger wollen gerne ihre Empörung wiederhaben! Und dann ist da noch die Lebensgeschichte einer Sexpuppe aus dem Sexpuppen-Bordell, in Ich-Form erzählt, freundlicherweise von einem von Jokos Reportern aufgeschrieben. Die Puppe ist sich sicher, dass sie mehr als ein Stück Kunststoff ist, weil ihr Nutzer sie behutsam anzieht und „Püppi“ nennt. Frauen mit Selbstachtung: Bitte verletzt euch nicht beim Augenrollen!

Wer macht es?

Stern-Chefredakteur Christian Krug höchstpersönlich, mit einem kleinen Team aus Redakteurinnen und Redakteuren, die sich krasse Themen ausdenken und keine Minute zögern, furchtlos in den Flieger steigen – und in den Puppenpuff gehen. Wenn die Geschichten fertig recherchiert sind, dann kommt Joko und macht auch noch mal ein Foto.

Warum kauft man es (k)ein zweites Mal?

Leider vermittelt das Heft nicht den Eindruck, dass das Reporterteam irgendwo war, wo man nicht auch bei der letzten Klassenfahrt hätte landen können. Das Abenteuerversprechen fällt so ein bisschen flach, denn Schauplätze und Zugänge sind wenig überraschend. Andererseits ist das Magazin mit 4,40 Euro vergleichsweise preiswert, und so kann man es sich mal für die Zugfahrt oder den Strandtag gönnen. Die Style-Section macht auf jeden Fall Spaß, auch wenn sie leider nur auf dünne Männer wie Joko ausgerichtet ist. Vielleicht mag sich ja Bauer Media für ihr nächstes Produkt einen männlichen Promi mit Kurven suchen.

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