die drei fragezeichen: „Der Spekulation einen Riegel vorschieben“
Henry Wilke ist Referent für Siedlungsentwicklung beim Naturschutzbund Deutschland
1 taz am wochenende: Herr Wilke, um die Wohnungsnot zu bekämpfen, will der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer die Eigentümer von Grundstücken zum Bauen verpflichten. Was halten Sie davon?
Henry Wilke: Diese Idee ist richtig. Es ist ein Problem, wenn Wohnungen nicht gebaut werden können, weil die Eigentümer der Grundstücke nicht mitziehen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass einige Eigentümer das freie Bauland als Spekulationsobjekt betrachten und einfach warten, bis der Bodenwert weiter steigt. Der Spekulation einen Riegel vorzuschieben wäre gut.
2 Oberbürgermeister Palmer schlägt auch vor, dass der Bund den Kommunen gestattet, Obergrenzen der Mieten festzulegen. Damit will er ebenfalls die Spekulation eindämmen. Eine gute Idee?
Dieser Vorschlag geht am eigentlichen Problem vorbei. Die Mieten steigen, weil es in den Städten zu wenige Wohnungen gibt. Die Kommunen müssten das Angebot erhöhen, indem sie selbst Wohnungen bauen. Daher ist wichtig, dass der Bund seine Grundstücke nicht mehr meistbietend verkauft, sondern den Kommunen zu einem fairen Preis überlässt, damit die Gemeinden Miethäuser errichten können.
3 Deutschland ist in einem Paradox gefangen: In den Städten fehlen Wohnungen, dafür wird auf dem Land zu viel gebaut. Was lässt sich dagegen tun?
Um den Druck auf die Städte zu verringern, wäre es unter anderem wichtig, dass es überall schnelles Breitband gäbe. Dann könnten gerade Freiberufler außerhalb der Städte wohnen. Trotzdem ist es Quatsch, dass Kleinstädte und Dörfer immer neues Bauland für Einfamilienhäuser ausweisen. Damit können sie das Schrumpfen ihrer Einwohnerzahl auch nicht aufhalten. Die Landgemeinden erzeugen nur eine Blase, die garantiert platzt.
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