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Letzte Worte eines Reeders

Urteil im Stolberg-Prozess fällt Donnerstag

Von Benno Schirrmeister

Fairer wäre es wohl gewesen, und vielleicht auch für den Prozessverlauf günstiger, die Verfahren der drei mitangeklagten untergeordneten Manager abzutrennen: Zügig verurteilt hätten sie im Verfahren gegen ihren Ex-Chef und Bremens einstigen Vorzeige-Reeder Niels Stolberg als Zeugen zur Verfügung gestanden.

So hingegen haben die drei Gehilfen Emilio R., Andreas B. und Jens S. die vollen zwei Jahre und zwei Monate des bisher aufwendigsten Bremer Wirtschaftsstrafprozesses in diesem Jahrhundert auf der Angeklagtenbank Platz nehmen müssen. Und so bekommen auch sie erst am kommenden Donnerstag ihr Urteil, für ein bis drei Bilanzfälschungs- und Krediterschleichungsbeihilfe-Delikte, für die ein Strafmaß von irgendetwas zwischen sechs und elf Monaten zur Bewährung angemessen sein wird.

Stolberg hingegen drohen vier Jahre und sechs Monate, also eine Haftstrafe, die er freilich, todkrank, nie wird antreten müssen. Die drei hatten ihm geholfen, seinen in der Weltwirtschaftskrise 2009 havarierten Beluga-Reederei-Konzern eine Zeit lang über Wasser zu halten und 2010 als scheinbar florierendes Unternehmen an den Oaktree-Fonds zu verticken – dessen Manager Stolberg dann wegen Betrugs anzeigten.

Am 1. März 2011 haben sie den Selfmade-Mann aus der erst kurz zuvor neu errichteten Zentrale seiner Firma im Herzen Bremens rausgeschmissen. Und zwar wortwörtlich: Nur die Familienfotos von seinem Chefschreibtisch im wie eine Kommandobrücke auf dem spektakulären Bau thronenden Büro durfte er einpacken. „Das war sicher der schwärzeste Tag meines Lebens“, hatte der Unternehmer mit Kapitänspatent am Donnerstag erklärt.

Nichts in den letzten Worten dieses hinfälligen Mannes erinnerte mehr an den so kühn wie rücksichtslos voranschreitenden Macher von mitreißender Begeisterungsfähigkeit, dem Bremen einst zu Füßen gelegen hatte. Stolberg nutzte die Erklärung dazu, das Gericht um eine Bewährungsstrafe zu bitten, also eine Freiheitsstrafe von maximal 24 Monaten. Und um noch einmal das Bild von sich als jemandem zu zeichnen, der zwar nun in der ganzen Welt unmöglich gemacht sei, der aber doch einst „immer den Anspruch, soziales Unternehmertum zu leben“ verfolgt habe.

Zu klären wäre freilich, wie Stolberg diesen Anspruch mit dem Bereitstellen von Schiffen für illegale Waffentransporte in Krisen- und Bürgerkriegsgebiete hatte vereinbaren können. Doch das war nicht Gegenstand des Verfahrens und darüber wird auch nie geurteilt werden. Und zweifelhaft ist, ob er sie in seinen Memoiren abhandelt, die im Sommer unter dem schönen Titel „Unsinkbar“ erscheinen sollen.

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