: Senat lässt fünf Modelle testen
Markterkundung startet: Welche Eigentumsvariante bei der S-Bahn ist die beste fürs Land?
Von Claudius Prößer
Für die Zukunft der S-Bahn wird es spannend: In der kommenden Woche startet die Senatsverkehrsverwaltung unter Senatorin Regine Günther die vor einiger Zeit angekündigte „Markterkundung“. Mit dem Verfahren, dass sich bis zum Sommer hinziehen wird, soll herausgefunden werden, welche Eigentumsvariante bei der S-Bahn für das Land am vorteilhaftesten ist. Zurzeit betreibt die S-Bahn Berlin GmbH, eine 100-prozentige Tochter der Deutschen Bahn (DB), den zweitgrößten Anbieter im Berliner Nahverkehr.
Der S-Bahn GmbH gehören auch die Fahrzeuge, zurzeit rund 650 sogenannte Viertelzüge unterschiedlichen Alters. Andere Verkehrsunternehmen haben bei den Ausschreibungen für die drei S-Bahn-Teilnetze so gut wie keine Chance: Weil die Berliner S-Bahn technisch betrachtet ein Inselsystem mit ganz speziellen Anforderungen ist, können sie nicht einfach eigene Fahrzeuge mitbringen.
Die Anschaffung neuer Fahrzeuge tut jedoch dringend not, und hier will der Senat ansetzen, um das Monopol der DB – der im Übrigen auch die Schienen und die Bahnhöfe gehören – aufzubrechen. Für eines der drei Teilnetze, die Ringbahn, ist es schon zu spät, die S-Bahn GmbH hat 2015 den Zuschlag bekommen und lässt bereits rund 200 neue Viertelzüge produzieren. Für den Betrieb der Teilnetze Nord-Süd und Stadtbahn hingegen ist die Ausschreibung noch anhängig. Bevor diese abgeschlossen wird, soll nun die Beschaffung, Instandhaltung und Bereitstellung von bis zu 670 Viertelzügen separat vergeben werden.
Fünf Modelle will man laut Günther prüfen. Sie reichen von einem reinen „Fahrzeugdienstleistermodell“, bei dem ein weiterer privater Anbieter die neuen Züge besäße und an die S-Bahn GmbH vermieten würde, bis hin zur Kommunalisierung des Fahrzeugparks und der Gründung eines landeseigenen Eisenbahnunternehmens, das perspektivisch per Direktvergabe mit dem S-Bahn-Betrieb betraut würde.
Einen klaren Schnitt wird es nicht geben
Klingt komplex und ist es auch, zumal die neuen Fahrzeuge, egal wer sie am Ende besitzt, eine lange Produktionszeit haben und zwischen 2026 und 2033 nur sukzessive in Betrieb genommen werden können. Einen klaren Schnitt wird es also nicht geben, sogenannte Interimsverträge müssen die Zwischenzeiten überbrücken.
„Wir machen die Markterkundung, weil wir nicht im Nebel stochern wollen“, erklärte Günther. Man müsse alle Modelle „auf ihre Vorteile hin abklopfen, damit wir am Ende eine funktionierende und effiziente S-Bahn haben“.
SPD und Linke hatten die Kommunalisierung der S-Bahn-Fahrzeuge und nach Möglichkeit auch des Betriebs gefordert. Günthers offene Markterkundung sahen sie kritisch. Am Mittwoch hielt die Grünen-nahe Senatorin fest: „Die Privatisierung ist nicht mein Modell, sie ist ein Modell.“ Am Ende werde eine politische Entscheidung getroffen. Für die kommunale Option habe man in jedem Fall schon mal einen „Pflock eingeschlagen“, indem der Senat 113 Millionen Euro aus dem Haushaltsüberschuss als Grundstock für eine mögliche Fahrzeugbeschaffung zurückgestellt habe.
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