: Schlichtheit statt Straße
Das Aktionsbündnis „Menschenrecht auf Wohnen“ fordert Einfach-Wohnungen als Zwischenlösung
Joachim Barloschky, Leiter des Aktionsbündnisses Menschenrecht auf Wohnen
Von Teresa Wolny
Im Kampf gegen die zunehmende Wohnungs- und Obdachlosigkeit fordert das Aktionsbündnis „Menschenrecht auf Wohnen“, bis zu 300 sogenannte Einfach-Wohnungen in Bremen zu errichten. Diese sollten dezentral, mit Mindeststandards von der Stadt selbst gebaut oder gekauft werden.
Einfach-Wohnungen sind eine Zwischenform: Sie müssen nicht alle Standards für „Normal-Wohnungen“ erfüllen, sollen aber mehr sein als ein Dach über dem Kopf. Das Konzept hat die Arbeitsgemeinschaft „Einfach Wohnen“ (AG) des Aktionsbündnisses entwickelt. Es steht in engem Zusammenhang mit dem „Housing First“-Ansatz, der ursprünglich aus der US-amerikanischen Sozialpolitik kommt und nun immer mehr auch in Europa seine Verbreitung findet. Statt dass sich Obdach- und Wohnungslose von Notunterkünften zu einer eigenen Wohnung durch verschiedene Programme „hocharbeiten“, bekommen sie nach diesem Prinzip zuerst eine Wohnung. Auf dieser ersten, stabilen Grundlage sollen sie dann alle weiteren Schritte durchführen können, beispielsweise sich auf die Suche nach Arbeit machen.
Im Zusammenarbeit mit möglichen Bewohnern der Einfach-Wohnungen hat die AG ermittelt, dass weniger die Größe der Wohnung als vielmehr das eigene Hausrecht ein wichtiges Bedürfnis zu sein scheint. Viele möchten ihre Mietverträge selbst schließen, eventuell vorhandene Betreuer sollen nicht einfach reinkommen können. „Die Bedürfnisse sollen den Bewohnern angepasst werden und nicht die Bewohner den Bedürfnissen“, sagt Sabine Bädecker von der AG. Dazu gehöre auch die Erlaubnis, mit seinem Hund zusammenzuleben.
Außerdem kritisiert das Aktionsbündnis den geplanten Abriss von Wohnungen in der Holsteiner Straße in Walle und in der Straße Am Sachsdamm in Sebaldsbrück. Joachim Barloschky, Leiter des Aktionsbündnisses, sagt, viele Wohnungen seien durch eine „aktive Entmietungspolitik“ schäbig gemacht worden. Traudel Kassel von der AG nennt Beispiele aus anderen Städten, in denen ein Abriss erfolgreich verhindert werden konnte. So ist die städtische Bremerhavener Wohnungsgesellschaft Stäwog mit dem Sanierungsprojekt „Living Streets“ 2018 für den deutschen Bauherrenpreis und für den Bremer Wohnbaupreis nominiert. Statt Abriss und Ersatzbau einer Wohnanlage kam es zur Modernisierung.
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