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Nachdenken über die Zeit. Das dauert aber

Dicke Bretter spielerisch zu bohren: Viel vorgenommen hat sich Philip Gröning in „Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot“ (Wettbewerb)

Von Barbara Wurm

Am Anfang war das Wort. Heidegger schrieb es, Philosoph. Dann kam Adolf, Führer. Der Tod ist ein Meister aus Deutschland, schrieb Paul ­Celan, Dichter, Sohn jüdischer, von der SS ermordeter Eltern. Später fasste ein Honorarprofessor für Philosophie zusammen: „Ein Meister aus Deutschland: Heidegger und seine Zeit“.

Philipp Grönings Wettbewerbsbeitrag mit dem bewusst-naiven Titel „Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot“ schließt an eine prominente Traditionslinie an, wenn hier der Safranski-Bestseller in einer süddeutschen Blumenwiese (in Heidegger-Country also) liegt, gleich neben den Zwillingen Robert (Josef Mattes) und Elena (superb: Julia Zange). Auch andere Lehrwerke und philosophische Traktate verschwinden sukzessive im Ameisen-auf-den-nackten-Beinen-Lern-Sommer der beiden Teenager. Besonders Augustinus’ Bekenntnisse haben es Robert angetan. Es geht da sehr viel um Zeit. Die nichtexistierende Gegenwart. Die Dauer. „Das dauert aber“, sagt dann Elena leicht genervt und – so ist sie – total verspielt.

Eigentlich sollte sie besser zuhören, denn am Montag ist Abi, in Philosophie, was sonst. Aber sie zupft lieber an Robert rum, oder schmiert sich roten Lippenstift auf die Zähne. Wenn sie nicht gerade Bier für den geliebten Bruder holt, von der Tanke, gleich hinter der Blumenwiese, wo Adolf arbeitet (Frage: Muss der so heißen?)

In anderen, sehr viel besseren deutschen Filmen, kommen am Montag nur die Fenster, wie bei Ulrich Köhler 2006, der fälschlicherweise im Forum lief. Kein Platz für Bescheidenheit, im Wettbewerb der Berlinale. Dafür umso mehr für Prätentiöses. Phi­lipp Gröning, geboren 1959, geht hier aufs Ganze. Und das ist um einiges zu viel.

Schon mehrfach hat er für positive Schockeffekte gesorgt, hat mit „Die Terroristen!“ (1992) Kanzler Kohl zum unrühmlichen Filmzensor gemacht und mit dem Kontemplations-Meisterwerk „Die große Stille“ (2005), einer vielfach ausgezeichneten Dokumentation über ein Kloster, auch im deutschen Kino den langgestreckten Film etabliert. Nun: Hier ist es nicht die Langsamkeit, die zur Qual wird, sondern die Langeweile, die sich zwischen der großen These einstellt, falls sie denn überhaupt eine ist: Die Idee von der Anarchie des Menschen und seinem Gewalttrieb, im Zusammenhang mit Sein und Zeit und Deutschsein und Jungsein. Bei aller Sensibilität (zärtlich hütet Elena eine Grille in der Parisienne-Schachtel): Gröning sägt an allen Nerven, wälzt Zeit-Fragen im Kreis und die nackten Körper der Kids mal im Terrence-Malick-Stil durch den kühlen See, mal wie Link­later im Gras. Dann aber reicht’s, game over, das Spiel geht weiter, die Twins machen auf Haneke. Definitiv ein Bären-Anwärter, für einen der nervigsten Filme seit Langem.

22. 2., 9.30 Uhr, FSP; 14.30 Uhr, HdBF; 21.15 Uhr, FSP; 25. 2. 21.15 Uhr, HdBF

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