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Diesel-Fahrer müssen diese Woche bangen

An diesem Donnerstag wird das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden, ob alte Diesel-Pkws aus den Städten ausgesperrt werden können

Von Christian Rath

An diesem Donnerstag fällt eine wichtige Vorentscheidung im Streit um Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Innenstädten. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig entscheidet, ob solche Fahrverbote schon jetzt – ohne ausdrückliche Gesetzesänderung – angeordnet werden können. Verhandelt werden Fälle aus Düsseldorf und Stuttgart. Wie die Verfahren ausgehen, ist völlig offen.

Ausgangspunkt des Streits sind die schlechten Luftwerte in vielen deutschen Städten. Schon seit 2010 werden die damals neu eingeführten Grenzwerte für Stickoxide (NOx) weithin überschritten. Die jeweiligen Bundesländer mussten Luftreinhaltepläne aufstellen. Doch obwohl klar ist, dass alte Dieselfahrzeuge einen großen Anteil an der Stickoxidbelastung haben, sieht keiner dieser Pläne entsprechende Fahrverbote vor. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) führt deshalb 19 Prozesse, um eine Verschärfung der jeweiligen Luftreinhaltepläne zu erreichen.

Einen ersten Erfolg hatte die Umwelthilfe im September 2016 in Düsseldorf. Das dortige Verwaltungsgericht (VG) entschied, dass nur Fahrverbote für bestimmte Diesel-PKW geeignet seien, um schnellstmöglich die NOx-Grenzwerte einzuhalten.

Noch mehr Aufmerksamkeit gab es für das Urteil in Stuttgart im Juli 2017, denn dort hatte die Umwelthilfe das grün-regierte Baden-Württemberg verklagt. Die Richter entschieden: Nur ein generelles Fahrverbot für Diesel­fahrzeuge unterhalb der Schadstoffklasse 6 sei geeignet, im Stuttgarter Stadtgebiet für ausreichend gesunde Luft zu sorgen.

Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig, denn die Landesregierungen gingen jeweils in die Sprungrevision. Das heißt: sie verzichteten auf eine zweite Beweisaufnahme. Die zentrale Rechtsfrage lautet sowohl im Düsseldorfer Fall als auch im Stuttgarter Pendant: Dürfen Verwaltungsgerichte Diesel-Fahrverbote fordern – obwohl es hierfür keine gesetzliche Grundlage, keine entsprechenden Verkehrszeichen und keine passenden Plaketten gibt? Für die Zulassung von Fahrverboten sprechen allerdings die Grundrechte der von den Schadstoffen betroffenen Stadtbewohner.

Zwischen den beiden Verfahren besteht nur ein kleiner Unterschied: In Düsseldorf wird um streckenbezogene Fahrverbote für einzelne Straßen gestritten, während es in Stuttgart um ein zonenbezogenes Fahrverbot in der gesamten Stuttgarter Umweltzone geht. Der Unterschied beruht auf verschiedenen juristischen Ansätzen der örtlich zuständigen Verwaltungsgerichte.

Falls das BVerwG die Fahrverbote für zulässig erklärt, werden die Urteile aus Düsseldorf und Stuttgart rechtskräftig. Dann gelten aber nicht gleich am nächsten Tag Fahrverbote. Die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg müssen die Verbote erst noch in den entsprechenden Luftreinhalteplänen umsetzen. Das Bundesverwaltungsgericht würde dafür eine Frist setzen, etwa sechs Monate. Im Plan selbst wird dann vermutlich eine weitere Frist von einigen Monaten enthalten sein, damit sich Dieselfahrer neue Fahrzeuge beschaffen können. Wie streng Fahrverbote ausfallen müssten, hinge von der Schadstofflage in der jeweiligen Stadt ab.

Wenn das Gericht die Fahrverbote aber für unzulässig erklärt, dann sind die Urteile aus Düsseldorf und Stuttgart vom Tisch. In diesem Fall wächst aber dennoch der Druck auf den Gesetzgeber, endlich selbst tätig zu werden. Immerhin hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland gestartet. Mitte März will die Kommission entscheiden, ob sie deshalb Klage beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg einreicht.

Zur besseren Luftreinhaltung verlangen Umweltpolitiker die Einführung einer blauen Plakette auf Bundesebene, die als Grundlage für die Anordnung von lokalen Fahrverboten für besonders schmutzige Dieselfahrzeuge dienen würde. Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD ist diese blaue Plakette aber nicht enthalten. Vielmehr heißt es dort nur allgemein: „Wir verbessern die Luftreinhaltung in Städten und wollen Fahrverbote vermeiden.“

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