piwik no script img

Zeit, zu prüfen, ob danoch Luft ist im System

Die Politik will,dass ARD und ZDF sparen. Die Beitragskommission wirft ihnen nun vor, die Sache nichternst zu nehmen

Soll laut „Bild“-Berichten mit Gebührengeldern getrickst haben: ARD-Vorsitzender und BR-Intendant Ulrich Wilhelm Foto: Mike Schmidt/imago

Von Daniel Bouhs

Wenn die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, kurz KEF, einen Bericht vorlegt, frohlocken die Dauerkritiker des öffentlich-rechtlichen Systems – und in den Führungsetagen von ARD, ZDF und Deutschlandradio wächst die Anspannung. Die Bild schlagzeilte etwa am Freitag süffisant „Die Trickser von der ARD“, zeigt zwei grinsende Intendanten und zitiert aus dem nächsten Bericht der KEF, den die Wirtschaftsprüfer an diesem Montagnachmittag Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) vorlegen wollen. Dreyer leitet die Rundfunkkommission der Länder.

Einer der „Trickser“ sei der Intendant des Bayerischen Rundfunks, Ulrich Wilhelm. Der zieht seine bisher auf zwei Standorte verteilten Nachrichtenredaktionen in einem „trimedialen Neubaukomplex“ zusammen. In München-Freimann wächst dafür gerade ein gewaltiger Rohbau aus der Erde.

„Der BR hat sich einen kreditfinanzierten Liquiditätsspielraum ohne erneute Anmeldung und Prüfung durch die Kommission verschafft“, zitiert Bild die Prüfer, die wiederum kritisierten, der BR benötige überhaupt nur 160 der angemeldeten 200 Millionen Euro.

„Unhaltbar“ sei diese Kritik, kontert die ARD: Der BR werde „selbstverständlich die volle Summe des Darlehens benötigen und wie gesetzlich gefordert zweckgebunden verwenden“. Der taz sagte ein Sprecher zudem, „alle Gremien“ hätten den Kredit genehmigt, der „unter Ausnutzung des historisch niedrigen Zinsniveaus im Jahr 2015“ auf 30 Jahre angelegt sei.

Die ARD wirft Bild zudem vor, die Geschichte basiere „nach unserem Kenntnisstand auf einem überholten Entwurf des KEF-Berichts“. Tatsächlich gibt die KEF den Sendern vor der Veröffentlichung ihrer Berichte die Möglichkeit zu reagieren – und Vorwürfe gegebenenfalls noch zu entkräften. Nach der Präsentation wird klar sein, ob die KEF an ihrer Kritik festhält.

Die KEF checkt im Auftrag der Länder, wie die Sender mit dem Geld der BürgerInnen umgehen. Ob der Rundfunkbeitrag erhöht wird, soll zwar erst 2020 entschieden werden. Aber schon jetzt ist klar: Die MinisterpräsidentInnen wollen krasse Aufschläge vermeiden und handeln mit den IntendantInnen eine „Strukturreform“ aus. Für die Länder ist der Zwischenbericht der KEF die Chance zu erspüren, wie viel Luft möglicherweise noch im öffentlich-rechtlichen System ist.

Die IntendantInnen hatten im Herbst erste eigene Vorschläge präsentiert – nachdem die Länder sie dazu aufgefordert hatten. Die Sender wollen etwa ihre Technik vereinheitlichen und ihre Reporter im Ausland in gemeinsame Büros stecken. Die KEF hat auch diese Vorschläge geprüft und spricht in einem Schreiben an die Länder, aus dem das Fachmagazin Medienkorrespondenz zitiert, lediglich von „alltäglichen Optimierungsprozessen“. Die Rundfunkkommission der Länder hat die IntendantInnen daraufhin aufgefordert, bei ihren Vorschlägen bis April kräftig nachzulegen.

2020 wird entschieden, ob der Rundfunkbeitrag steigt. Viele Politiker sind dagegen

Doch wie weit darf die KEF gehen? Ein Vorstoß hat nun extremen Widerstand ausgelöst: Die KEF betont in ihrer Analyse der Sparvorschläge von ARD, ZDF und Deutschlandradio zwar einerseits die Programmautonomie der Sender, vermisst andererseits aber, dass die Sender auch am Programm sparen, das ihr „Kernprodukt“ sei.

„Damit verlässt die KEF ihre gebotene Position der Staatsferne“, mahnt die Vorsitzende des NDR-Verwaltungsrates, Dagmar Gräfin Kerssenbrock (CDU). Die KEF fordere die Länder immerhin „zu Änderungen im Rundfunkstaatsvertrag bei der konkreten Beauftragung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen auf“.

Damit wird die KEF heute also nicht nur einfach ihr neues Zahlenwerk präsentieren können, sondern sich auch in Selbstverteidigung üben müssen.

Der Autor berichtet für öffentlich-rechtliche Sender und Verlage über Medienpolitik

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen