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Terrorangriff schlägt Hilfswerk in die Flucht

Save the Children, eines der größten in Afghanistan tätigen Hilfswerke, stellt nach blutigem Überfall seine Aktivitäten ein. Lokaler IS-Ableger bekennt sich zu dem Angriff

Von Thomas Ruttig

Nur vier Tage nach dem Taliban-Angriff auf ein Kabuler Hotel, bei dem es 20 Todesopfer gab, hat sich in Afghanistan der nächste schwere Anschlag ereignet. Während in Kabul immer noch die Toten gezählt und identifiziert werden – offiziell sind es bisher 22 Todesopfer, 14 davon Ausländer –, stürmte in der ostafghanischen Stadt Dschalalabad ein bewaffnetes Kommando das örtliche Büro des Hilfswerks Save the Children. Die große internationale Hilfsorganisation ist seit über vierzig Jahren in Afghanistan tätig, bekannt und angesehen.

Zu Beginn der Attacke zündeten die Angreifer eine Autobombe vor dem Büro und verschafften sich so Zugang. Ähnlich wie in Kabul verschanzten sie sich in dem Gebäude und lieferten afghanischen Sondereinheiten ein mehrstündiges Feuergefecht bis in den Nachmittag hinein, als die Angreifer alle erschossen oder sich selbst in die Luft gesprengt hatten. Kinder flohen aus einer nahe gelegenen Schule. Nach vorläufigen Angaben des Provinzgouverneurs vom Nachmittag gab es 3 Tote und 24 Verletzte. Etwa 50 Mitarbeiter, die sich in dem Büro aufgehalten haben sollen, wurden nach der Attacke aus einem Kellergeschoss geborgen.

Die Taliban, die sich zu dem Kabuler Hotelangriff bekannt hatten, wiesen diesmal eine Beteiligung von sich. Auch wenn es nach dem Massaker, bei dem auch eine deutsche Entwicklungshelferin umgebracht wurde, schwer zu glauben ist: Die Taliban respektieren in der Regel renommierte Hilfsorganisationen. Zu der Tat bekannte sich stattdessen der afghanisch-pakistanische Ableger des Islamischen Staates, die sogenannte IS-Provinz Chorassan (ISKP). Er sprach von „drei Märtyrern“.

Die Gruppe bekämpft jegliches internationale Engagement in Afghanistan, während die Taliban humanitäre Hilfe und bestimmte Entwicklungsprojekte in den von ihnen kontrollierten Gebieten zulassen. ISKP-Gruppen entstanden in Afghanistan Ende 2014, wurden aber schnell zerschlagen, vor allem durch die Taliban. Diese sahen die IS-Kämpfer als Gefahr für ihre Dominanz auf dem Gefechtsfeld an. Einzig in der Provinz Nangarhar – Dschalalabad ist die Hauptstadt – hält sich die ISKP bis heute in einigen Bergregionen. Die Gruppen rekrutieren sich aus meist salafistischen Abtrünnigen der pakistanischen und afghanischen Taliban, in Ostafghanistan operierenden militant antischiitischen Terrorgruppen aus Pakistan sowie, zumindest in Einzelfällen, aus der städtischen salafistischen Cyber-Schickeria.

Der IS bekämpft jegliches internationale Engagement in Afghanistan

Auch in Nordafghanistan traten einige bewaffnete Gruppen zum IS über. Sie sind aber von der ISKP im Osten des Landes abgeschnitten. In Nangrahar gibt es immer wieder Kämpfe zwischen ISKP, Taliban und der afghanischen Armee, die von US-Luftschlägen unterstützt wird.

In Reaktion auf den Angriff kündigte Save the Children am Abend die Suspendierung seiner Aktivitäten im gesamten Land an. Gezielte Angriffe auf Büros von Hilfsorganisationen waren in Afghanistan bisher rar. Doch gab es zahlreiche Anschläge auf einzelne Ent­wick­lungs­helfer*innen und Ent­führungen. Laut UN wurden in den ersten 10 Monaten 2017 17 ge­tötet, 15 verletzt und 43 entführt. Die meisten dieser Vorfälle betrafen Afghan*innen, aber auch Ausländer waren immer wieder Ziel.

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