Ausstellungsempfehlung für Berlin: Der Windewurm im Märchenstrudel

In Okka-Esther Hungerbühlers erster Einzelausstellung bei Haverkampf tummeln sich Roboterblumen und allerlei Gewurm. Die taz sprach mit der Künstlerin.

Der multiplizierte Wurm hat sich aufgerichtet: Die „Followers“ in Okka-Esther Hungebühlers Ausstellung „Willkommen im neuen Jahr“, Installationsansicht Foto: Foto: Jens Ziehe; Courtesy: Haverkampf Galerie

„Mirror, Mirror“: Vor Okka-Esther Hungerbühlers Vexierspiegel­effekten ist niemand sicher. Rapunzel nicht, die in einen Snapchat-Strudel gerät, und auch Sailor Moon nicht, die im Begriff ist, sich per anbrausender Rainbow-Attacke zu verwandeln – in ihr übliches Superheldenselbst? Zweifelhaft.

Ihre erste Einzelausstellung „Willkommen im Neuen Jahr“ in der Galerie Philipp Haverkampf hat Hungebühler mit einer Schaar märchenhafter Wesen bestückt, die wie „Verwandlung Sailermoon“ (2017) auf Gemälden aus Acryl, Öl und Glitter prangen oder sich als Skulpturen in der Raummitte tummeln.

So auch Hungerbühlers „Wurm“, der sich in seiner hellblauen Haut in regelmäßigen Abständen dahin windet. Wer schon einmal ihrer Federn schwingenden „Blume“ mit dem schönen Beisatz ‚Diese Blume ist ein Roboter‘ und deren Nachfolgerin „Böse Blume“ begegnet ist – hier wohnt sie: Die „Blaue Blume“, dritte Thronfolgerin mit rotem Fuß.

Hungerbühler hat die Ausstellung als „Film mit offener Story“ angelegt. Das Sujet: Schneestürme, Eisberge, ein Tannenwald. Nur dass diese Tannen Hungerbühlers Kopf tragen. „Okka als Tanne“, lacht die Künstlerin und fasst dabei wunderbar zusammen, was ihre Arbeit so genüsslich macht: sie nimmt sich selbst nicht zu ernst und auch die äußere Erscheinung nicht.

So widerfährt ihren Gemälden und Skulpturen ein scheinbar skizzenhafter Strich oder ein zusammengepflastertes Äußeres. Und gerade ob dieser Reduzierung auf wesentliche Züge treffen ihre ulkigen Figuren so unmittelbar den Punkt.

Einblick (707): Okka Esther-Hungerbühler, Künstlerin

Galerie WNTRP

Di.–Sa. 11–18 Uhr

Bis 3. 3., Potsdamer Str. 91

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

Okka-Esther Hungerbühler: Isa Genzken bei Johann König war top. Und Ed Atkins im Gropiusbau war auch schön.

Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?

Ich gehe immer dahin mit, wo meine Freundinnen hin wollen. Deswegen war ich in letzter Zeit zum Beispiel bei Partys von dem Musiklabel Live From Earth. War immer top. In Klubs ist mir meistens langweilig.

Okka-Esther Hungerbühler (*1988), lebt und arbeitet in Berlin. Zu ihren Arbeiten gehören Bilderserien wie „Leere Bars von oben“ oder Verwandlungen. Skulpturen wie die „Follower“ oder die „Tannen“ sowie Robotikskulpturen wie der „Wurm“ oder auch die „Blume“, mit der sie 2014 den Berlin Art Prize gewann. Weitere Auszeichnungen: Arbeitsstipendium Villa Concordia, Bamberg, 2017; Karl-Hofer-Gesellschaft Förderung, 2016. Ausstellungen u. a. „Winter“, Sox, Berlin, 2017; „mind the gap“, Wurlitzer Collection, Berlin, 2017; Galerie 7TÜREN, Hamburg, 2016. Hungerbühler wird von der Galerie Philipp Haverkampf vertreten, die derzeit ihre erste Einzelausstellung "Willkommen im neuen Jahr" in den Galerieräumen zeigt.

Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?

Zur Zeit lese ich J. D. Salingers „Franny und Zooey“, Edgar Allan Poes „Unheimliche Geschichten“ und von Isaac B. Singer „Der Kabbalist vom East Broadway: Geschichten“, letzterer ist, glaub ich, mein Lieblingsschriftsteller. Besonders schön war es, seine Romane zu lesen, als ich eine Zeit lang in New York war und durch die gleichen Straßen gelaufen bin, in denen die Erzählungen spielen. Außerdem ist KubaParis ein schönes Magazin für junge Kunst.

Was ist dein nächstes Projekt?

Am 19. Januar eröffnet meine Einzelausstellung „Leere Bars von oben in Kopenhagen“ in der Avlskarl Galerie, Kopenhagen. Auf dem Vimeo-Account der Galerie gibt es dazu auch einen Trailer.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?

Ich bin gerne in der Badewanne. Und ich habe jetzt ein Autotune-Mikrofon.

Dieser Text erscheint im taz Plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer donnerstags in der Printausgabe der taz.

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