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Südseeboote einmauern

Erstaunlich: Das Berliner Schloss könnte wie angekündigt Ende 2019 fertig werden. Unklar bleibt, ob bis dahin auch ein inhaltliches Konzept vorliegt, das den Besuch wert macht. Ein Besuch auf der Baustelle

Hat jetzt schon sein Glasdach: das Eosander­portal des Berliner Schlosses Foto: Sven Darmer/Davids

Von Susanne Messmer

Unfassbar, dass so etwas in Berlin, der Stadt der Pleiten und Pannen, des unvollendeten Flughafens und der Baukostenexplosion bei der Renovierung der Staatsoper möglich ist. Aber bei einer Baustellenführung durchs Berliner Schloss am Montagvormittag wird tatsächlich plausibel, dass das Schloss wie angekündigt Ende 2019 fertig werden könnte.

„Wir liegen voll im Zeit- und Kostenplan“, sagt Bauvorstand Hans-Dieter Hegner mit obligatorischem Bauhelm auf dem Kopf und bezieht sich damit auch auf die 600 Millionen Baukosten, bei denen es bleiben wird und von denen der Bund übrigens 483 Millionen trägt, das Land Berlin 32 und private Spender etwas mehr als 70 – weitere 30 sollen in den nächsten zwei Jahren folgen.

Hegner führt vorbei am fast vollständigen, hochkomplizierten technischen Innenleben, durch das Foyer mit Eosanderportal, das jetzt schon sein Glasdach hat, vorbei an einem großen Raum mit riesigem Loch, durch das demnächst – wenngleich in großen Kisten – die berühmten, teils 14 Meter langen Südseeboote Einzug halten werden, um dann vorübergehend eingemauert und provisorisch klimatisiert zu werden. Jene Berliner und Berlinbesucher, die schon immer Fans vom Schloss waren oder einfach aufgegeben haben sich zu empören, können sich freuen: Im Frühjahr werden die Gerüste fallen, am Tag des offenen Denkmals Ende August wird der endgültig vollendete Schlüterhof präsentiert.

Aber darf man auch auf das neugierig sein, was die Inhalte des Schlosses angeht, jene Ausstellungen, die das preußische Schloss mit topmodernen Fragestellungen füllen sollen? Auf der Pressekonferenz kurz vor der Baustellenführung stehen Geschäftsführerin der Humboldt Forum Kultur GmbH, Lavinia Frey, und Vorstandssprecher des Humboldt Forums, Johannes Wien, Rede und Antwort. Doch je vehementer sie betonen, wie sehr man hier an einem Strang arbeite, wie sehr interdisziplinäre „Komplexität erwünscht“ sei, desto schwerer fällt es, das zu glauben.

Man ist sich uneinig

Und auch dass man sich nach wie vor nicht zu einem Bericht des Spiegels äußern mag, nach dem Inés de Castro, Direktorin des Stuttgarter Linde Museums, demnächst Sammlungsleiterin des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst werden soll, erhärtet den Verdacht, wie uneinig man sich hier ist – zumal quasi zur gleichen Zeit an einem anderen Ort die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), der die Museen gehören, die Personalie bestätigt.

Das Humboldt Forum ist ein Mammutprojekt, das viele Akteure unter einem Dach einen will: Da sind vor allem das erwähnte Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst, die bis Anfang 2017 im beschaulichen Berliner Stadtteil Dahlem residierten und die 23.000 Quadratmeter über zwei Stockwerke mit außereuropäischer Kunst, die teilweise von deutschen Kolonialherren geklaut wurde, bespielen sollen. Auf den anderen beiden Stockwerken sollen das Berliner Stadtmuseum und das Humboldt Lab der Humboldt-Universität sowie eine Humboldt Forum Academy einziehen – bei den beiden Letzteren wird es offenbar irgendwie um Wissensvermittlung gehen. Auf viele wirkt das nach wie vor wie Resterampe ohne konsistenten Kern – auf jeden Fall wird es auf diese Art nicht einfach, die barocke Hülle, in der sich einst Könige feiern ließen, reflektiert, selbstkritisch und zeitgemäß zu füllen.

Das Humboldt Forum ist ein Mammutprojekt, das viele Akteure unter einem Dach einen will

Hinzu kommt der erwähnte Streit, von dem wenig nach außen dringt. Als 2015 der Direktor des British Museums, Neil MacGregor, bekannt gab, nach Berlin zu kommen, um das Humboldt Forum endlich inhaltlich nach vorn zu bringen, schien die Laune gut. Im letzten halben Jahr wurden vermehrt wieder kritischere Stimmen laut. Im Sommer 2017 verließ Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy aus Protest den Expertenbeirat, zuletzt kritisierte Viola König, die scheidende Direktorin des Ethnologischen Museums, die vielen neuen Zuständigkeiten im Haus. Weil Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) schon bald einen neuen Intendanten als Nachfolger für den im nächsten Jahr scheidenden Neil MacGregor finden will, vermuten Insider, dass die Museen im Humboldt Forum entmachtet werden könnten.

So oder so: 2018 wird das Jahr, in dem sich entscheidet, ob das Humboldt Forum eines Tages wirklich einen Besuch wert sein wird – momentan rechnet man immerhin mit 3 Millionen Besuchern jährlich. Wer sich schon einmal selbst ein vorläufiges Bild machen mag: Ab 22. März gibt es eine weitere Interimsausstellung. Unter dem Titel „Laut – die Welt hören“ präsentieren das Ethnologische Museum und das Lautarchiv der Humboldt-Universität, das ebenfalls ins Humboldt Forum ziehen wird, in der Humboldt-Box ausgewählte Tonaufnahmen.

Ein Großteil dieser Dokumente stammt von Kriegsgefangenen in deutschen Internierungslagern während des Ersten Weltkriegs. Da die Archive diskutieren müssen, wie sensibel ihr Material ist, wurden Experten aus dem Sprachraum der Kriegsgefangenen ins Boot geholt – in diesem Fall die Amar Foundation aus dem Libanon, die sich dem Erhalt und der Verbreitung traditioneller arabischer Musik verschrieben hat.

Klingt erst einmal sogar ganz spannend.

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