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Legal wird illegal

Rückwärts in der Drogenpolitik: US-Justizminister will die Freigabe von Cannabis in einzelnen US-Bundesstaaten nicht mehr tolerieren

Von Bernd Pickert

Nur vier Tage nach Beginn des legalen und kontrollierten Marihuana-Verkaufs im bevölkerungsreichsten US-Bundesstaat Kalifornien hat die Trump-Regierung offenbar eine möglicherweise folgenschwere Wende in der Drogenpolitik vollzogen. Ein am Donnerstag veröffentlichtes Memorandum des Justizministers Jeff Sessions legt nahe, künftig könnten die Bundesbehörden sich über bundesstaatliche Drogenliberalisierung hinwegsetzen und auch gegen in ihrem Bundesstaat legale Anbieter von Cannabisprodukten vorgehen.

30 der 50 US-Bundesstaaten haben inzwischen Cannabis in irgendeiner Form legalisiert. In 6 Bundesstaaten ist der Konsum legal und der Verkauf staatlich lizenziert und kontrolliert. In 21 Bundesstaaten ist der Vertrieb von Cannabis zur Nutzung als Arzneimittel legal, und in 3 Bundesstaaten ist der Konsum entkriminalisiert, der Verkauf jedoch weiterhin verboten.

All diese Regelungen allerdings bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone, denn sie verstoßen gegen US-Bundesgesetze. Auf US-Ebene gilt nämlich weiterhin Cannabis als Liste-1-Droge, deren Besitz, Produktion oder Verkauf ein staatlich zu verfolgendes Verbrechen darstellt. Dass sich dennoch in so vielen Bundesstaaten eine legale Cannabis-Industrie ausbreiten konnte, lag an der bisherigen Politik der US-Bundesbehörden in Washington, von der Durchsetzung dieser Bundesgesetze abzusehen.

Im unter der Obama-Regierung 2013 herausgegebenen sogenannten Cole-Memorandum empfahl der damalige Vize-Justizminister James M. Cole allen Bundesstaatsanwälten, auf die Kontroll- und Regulierungsmechanismen der einzelnen Bundesstaaten zu vertrauen und lediglich schwere Verstöße selbst zu ahnden, etwa Anbau und Verkauf außerhalb eines Lizenzierungssystems oder der Vertrieb in Bundesstaaten, wo Marihuana nach wie vor illegal ist.

Die Obama-Regierung unterstützte damit die lokalen Experimente der Legalisierung, ohne die US-Gesetzeslage insgesamt zu ändern. Das kann nur der US-Kongress. Entsprechende Anträge harren dort seit Jahren der Befassung. Aber die Obama-Regierung konnte unter Berufung auf begrenzte Ressourcen der Strafverfolgungsbehörden davon absehen, die Bundesgesetze aktiv umzusetzen.

Genau diese Politik will Jeff Sessions jetzt zurückdrehen, indem er das Cole-Memorandum für aufgehoben erklärt. Sessions hat stets für harte Strafverfolgung plädiert und war den Argumenten nahezu aller Experten über das Scheitern des jahrzehntelangen „Kriegs gegen den Drogen“ nicht zugänglich. „Gute Menschen rauchen kein Marihuana“, sagte er einmal bei einer Anhörung.

Die unmittelbaren Folgen seiner Entscheidung bleiben zunächst unklar. Für Aufregung sorgt die Nachricht trotzdem. Cory Gardner, republikanischer US-Senator aus Colorado, zeigte sich verärgert: „Ohne vorher den Kongress zu informieren, trampelt das Justizministerium auf dem Willen der Wähler herum“, wütete er.

Colorado war der erste Bundesstaat, der nach einer entsprechenden Volksabstimmung ab 2014 den regulierten Mari­huana-Verkauf freigab. Inzwischen ist der Umsatz der Branche in dem Bundesstaat auf rund 1 Milliarde Dollar angewachsen, Tausende von Arbeitsplätzen sind entstanden, dem organisierten Verbrechen wurden wichtige Einnahmequellen entzogen und die Steuereinnahmen des Bundesstaates um viele Millionen Dollar erhöht.

Sollte Sessions Ernst machen, könnte all das verloren sein.

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