Abgehörte Telefone: Polizei überwacht Fußballfans
Hannovers Polizei behauptet, mit Telefonüberwachung von Fußballfans Körperverletzungen verhindert zu haben. Fanhilfe sieht Eingriff in die Grundrechte.
Die Fanhilfe veröffentlichte auf ihrer Internetseite ein Schreiben der Polizeidirektion Hannover, in dem ein Betroffener darüber informiert wird, dass er überwacht wurde. Dazu ist die Polizei gesetzlich verpflichtet.
Als Begründung für die Maßnahme gibt die Polizei an, dass aufgrund ihrer Erkenntnisse „mit großer Wahrscheinlichkeit“ erwartbar gewesen wäre, dass der Betroffene „als einer der gewaltsuchenden hannoverschen Ultras in die konkrete Planung bzw. Verabredung einer Auseinandersetzung mit gegnerischen Fans“ verwickelt würde. Und weiter: „Ziel der Maßnahme war es, frühzeitig einen oder mehrere Drittorte zu lokalisieren, um die hier zu erwartenden Straftaten zu unterbinden.“
Am Spieltag gab es keine gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Fangruppen. Die 96-Fans zogen bewacht von einem Großaufgebot der Polizei in einem langen Zug vom Küchengarten in Hannover-Linden Richtung Stadion. Die 96-Fans zündeten zwar Pyrotechnik, blieben aber recht friedlich.
Von den Eintracht-Anhängern dagegen wurden 183 in Gewahrsam genommen, nachdem sie versucht hatten, vor dem Spiel das Stadiongelände zu stürmen. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft noch immer gegen einen Unbekannten, der einem Polizisten mit einem Brecheisen auf den Helm geschlagen haben soll.
Polizei verteidigt die Überwachung
Die Polizei Hannover verteidigt die Überwachung der hannoverschen Fußballfans: „Aufgrund der durch die Maßnahme gewonnenen Erkenntnisse konnten im Vorfeld des Derbys mehrere Körperverletzungsdelikte verhindert werden“, sagt Polizeisprecher Andre Puiu. In jedem der Fälle habe das Amtsgericht die Verhältnismäßigkeit bestätigt und die Überwachung angeordnet.
„Der Eingriff in solche Rechte muss Ultima Ratio sein“, kritisiert Christiana Rose von der Fanhilfe Hannover. Zunächst müssten mildere Mittel eingesetzt werden, um die befürchteten Straftaten zu verhindern. „Es ist auch die Frage, inwieweit die Annahme überhaupt gestimmt hat, dass etwas geplant war.“
Für die Betroffenen sei es ein Schock, „wenn man erfährt, dass eine Woche lang fremde Menschen bei Privatgesprächen mitgehört haben“, sagt Rose. Es gehe die Polizei nichts an, wer mit wem befreundet sei, wo jemand wohne oder mit wem er sich treffe. „Das sind Daten, die die Polizei über Normalbürger auch nicht erhebt“, sagt Rose.
Beschwerde beim Amtsgericht
Die Fanhilfe hat einen Anwalt eingeschaltet. Der will Akteneinsicht beantragen und Beschwerde bei der Polizei und beim Amtsgericht einlegen. Danach sei es wahrscheinlich, dass die Betroffenen Klagen vor dem Verwaltungsgericht einreichten, sagt Rose. Zu klären sei, ob die Polizei tatsächlich Erkenntnisse hatte, die eine Überwachung aufgrund einer Gefahr für Leib und Leben nach dem Polizeigesetz rechtfertigen, sagt Fan-Anwalt Andreas Hüttl. „Das ist eine hohe Anforderung.“
Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) betonte, dass Gewaltexzesse nicht toleriert werden könnten und alle Mittel ausgeschöpft werden müssten, um die Täter einer angemessenen Bestrafung zuzuführen. Die FDP will nun im Innenausschuss eine Unterrichtung beantragen.
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