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Protest in bayerischem Transitzentrum150 Flüchtlinge im Hungerstreik

Asylbewerber verweigern seit dem Wochenende die Nahrungsaufnahme. Sie üben Kritik an den schlechten Zuständen in den „Abschiebelagern“.

Die niederbayerischen Behörden weisen die Kritik zurück Foto: dpa

München taz | Die Lage in den sogenannten Transitzentren für Flüchtlinge mit geringer Bleibeperspektive kann sehr schnell eskalieren. Das zeigen die Ereignisse seit dem Wochenende in der Unterkunft im niederbayerischen Deggendorf: Dort befinden sich nach Angaben der Flüchtlinge rund 150 Menschen aus Sierra Leone seit Samstag im Hungerstreik und im „Streik der geschlossenen Türen“ – neben Nahrung verweigern sie auch ihre minimalst bezahlten Beschäftigungsmöglichkeiten in dem Camp, die Kinder gehen nicht in den angebotenen Schulunterricht.

„Alle Leute aus Sierra Leone sind gerade in diesem Streik“, sagte gestern ein Flüchtling auf Anfrage der taz. Er nennt sich Moussa und ist nach eigenen Angaben 30 Jahre alt. Organisationen wie der Bayerische Flüchtlingsrat kritisieren die Transitzentren, die es in dieser Form nur in Bayern gibt, als „Abschiebelager“. Dort untergebrachte Flüchtlinge sollen nach dem Willen der bayerischen Staatsregierung freiwillig ausreisen oder abgeschoben werden. Dass jemand aus dem „Transitzentrum“ noch einen Aufenthaltsstatus erhält, ist nicht vorgesehen, Dementsprechend gibt es in den Zentren nur wenige Integrationsmaßnahmen wie etwa Deutschkurse.

„Wir möchten mit den Verantwortlichen sprechen, mit der deutschen Regierung“, sagt Moussa. Die Flüchtlinge im Hungerstreik fordern Bleiberecht in Deutschland. In einem Schreiben, das der Flüchtlingsrat an die Öffentlichkeit geleitet hat, kritisieren sie „sehr schlechte Unterkunftsmöglichkeiten“ mit bis zu acht Personen auf einem Zimmer, verschmutzte Toiletten sowie schlechte Nahrung. Auch Schwangere, Kinder, Kranke und stillende Mütter würden abgeschoben. Für Flüchtlinge mit speziellen Krankheiten gebe es keine Medikamente. Auch wehren sich die Flüchtlinge dagegen, dass Journalisten keinen Zugang zu der Einrichtung haben. Offiziell ist das so, die zuständigen Behörden arrangieren nur gelegentlich und bei einer gewissen Nachfrage geführte Pressetermine.

Auslöser des Massenprotestes war die Abschiebung eines Mannes aus dem Camp am Freitag vergangener Woche. Er sollte nach Italien gebracht werden, die Aktion wurde dann laut den Bewohnern in letzter Minute am Flughafen gestoppt. Neben den Flüchtlingen aus Sierra Leone, die allesamt protestieren, sind noch einige aus Aserbeidschan in Deggendorf untergebracht.

Niederbayerische Bezirksregierung wehrt sich

Die zuständige Regierung des Bezirks Niederbayern weist die Vorwürfe in weiten Teilen zurück. In dem Camp herrsche eine „humanitäre Unterbringung“, schreibt die Pressestelle. Jugendliche und junge Erwachsene erhielten auf dem Gelände Schulunterricht. Es herrsche keine mangelhafte Hygiene, auch gebe es Arztsprechstunden und wenn nötig, werde an Fachärzte überwiesen.

Zudem stellt die Bezirksregierung infrage, ob die Menschen tatsächlich nichts mehr essen. Sie würden derzeit nicht mehr in der Kantine an der Gemeinschaftsverpflegung teilnehmen. Aber: „Mit Blick auf die Zimmer muss dies nicht automatisch Hungern bedeuten.“

Nach Auskunft der Flüchtlinge ist der Protest nicht so drastisch, wie es am Sonntag ausgesehen hatte: Alle Protestierenden trinken, Kinder und schwangere Frauen essen zudem auch. In Bayern kommt es immer wieder zu Hungerstreiks von Asylbewerbern, die auf ihre hoffnungslose Lage hinweisen. Im November vergangenen Jahres hatten sich bis zu 85 Flüchtlinge in München in den Hungerstreik begeben. Nach einigen Tagen war die Versammlung von der Polizei aufgelöst worden, nachdem die Gesundheit der Streikenden ernsthaft gefährdet war.

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10 Kommentare

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  • Sierra Leone hat mit die schlechtesten Standards aller Länder, aber Bayrische Transitzentren solln noch schlechter sein.

    Wenn diese Flüchtlinge einen höheren Standard gewohnt sind, warum sind sie geflohen ?

    Wenn sie aber beeinflusst wurden, was ihnen zusteht und was man alles bekommen muss, dann sind die Beeinflusser nicht besser als die Schleuser.

    Sind diese Menschen nicht wegen Sicherheit und Versorgung zu uns gekommen, und diese erhalten sie.

    P.s. Toiletten kam man auch selber putzen.

  • Wozu braucht man da noch die AfD? Die Lagerspezialisten hat man bereits. Hübsche deutsch-bavarische Kontinuität...

  • Solange die deutsche Regierung Waffenexporte genehmigt, wird sich daran nichts ändern.

  • Danke für diesen Bericht. Ähnliche Zustände herrschen in zahlreichen Flüchtlingsunterkünften in unserer Republik. Es ist richtig, dass die Flüchtlinge "mit der deutschen Regierung sprechen" möchten, denn Bundesgesetze (Grundgesetz, Aufenthaltsgesetz, Asylverfahrensgesetz, Asylbewerberleistungsgesetz) sind neben europäischen Richtlinien (Dublin Verfahren) für die menschenrechtlich bedenkliche Lage im Flüchtlings- und Asylbereich verantwortlich. Bayern wendet diese Bundesgesetze im Asylbereich absichtlich sehr restriktiv an.

    • @Der Alleswisser:

      Das dürfen die Bayern auch.

  • Wo sind die Proteste gegen die Diktatoren? Wo gegen Krieg? Das Recht auf Teilhabe der Bevölkerung an den Bodenschätzen? Die Herstellung von Perspektiven im Herkunftsland? Wo protestieren die Menschen gegen (den) ungerechten (Welt-)Handel?

    • @Gerhard Krause:

      Proteste gegen Diktatoren: beispielsweise im Zuge des jüngsten Machtwechsels in Zimbabwe. Proteste gegen den Krieg: fortgesetzt und wiederkehrend auf verschiedenen gesellschaftlichen und staatlichen Ebenen. Recht auf Teilhabe der Bevölkerung an den Bodenschätzen: zum Beispiel bei den aktuellen Protesten um den Hambacher Forst oder in Nigeria gegen die Ölförderung im Niger-Delta. Die Herstellung von Lebensperspektiven im Herkunftsland: Hierzu fragen Sie neben anderen bitte die EU, die NATO, die Bundeswehr. Proteste gegen den ungerechten Welthandel: Zum Beispiel Demos rund um den G 20 - Gipfel in Hamburg.

      • @Der Alleswisser:

        In Simbabwe hat das Militär geputscht und dann haben die Leute gegen Mugabe demonstriert und jetzt regiert das Militär da.

      • @Der Alleswisser:

        In Deutschland, sehr geehrter User, hier in der Bundesrepublik. Ich bin gegen TTIP marschiert und ich komme sofort mit nach Brüssel, wenn sich die Forderungssteller dorthin für einen gerechten Welthandel und Wachstum in den Herkunftsstaaten auf den Weg begeben.

    • @Gerhard Krause:

      Proteste gegen schmutzige Toiletten, die nicht kleinbürgerlichen Sauberkeitsvorstellungen entsprechen, sind eben pressewirksamer.