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Exoten undarme Schlucker

Die norwegischen Skispringer sind vergleichsweise schlecht abgesichert. Selbst für einen Olympiasieg gibt es keine Prämie

Auf weite Sprünge finanziell angewiesen: Daniel-André Tande aus Norwegen Foto: dpa

Von Klaus-Eckhard Jost

Zwei Kreuzbandrisse innerhalb eines halben Jahres sind für ein Leistungssportler gewiss eine schwere Leidensprüfung. Doch Severin Freund, Weltmeister und das langjährige Aushängeschild des deutschen Teams, ist völlig entspannt, plaudert locker über die Reha und das Leben ohne Skispringen. Erst im Sommer will der Team-Olympiasieger wieder auf die Schanzen zurückkehren. Zum einen nimmt er sich die Zeit, um wieder vollkommen fit zu sein. Er kann sich es auch leisten, weil er als Mitglied des Zoll-Ski-Teams abgesichert ist, schon seit vielen Jahren.

In so einer luxuriösen Situation befinden sich nicht alle seine Konkurrenten. Der Norweger Kenneth Gangnes hat sich im November ebenfalls das Kreuzband gerissen. Allerdings war es schon die vierte Verletzung dieser Art. Nicht nur deshalb denkt der 28-Jährige daran, seine Karriere zu beenden. Ein weiterer Grund ist die unsichere Zukunft. Denn der Springer aus Lillehammer verpasst seine zweite Saison. Und damit scheidet er aus dem Kader aus, verliert jegliche Unterstützung. Im B-Team muss er etwa 6.000 Euro an den Verband überweisen, damit er im zweitklassigen Continental-Cup starten kann.

Dann müsste er im Sommer wieder das tun, was er gemacht hat, bevor er sich fürs Weltcup-Team qualifizieren konnte: Er arbeitete in einem Sportgeschäft. Undenkbar für deutsche Springer wie Richard Freitag oder Andreas Wellinger, die sofort nach der Schule in die Sportgruppen der Bundeswehr oder des Zolls integriert wurden

In Norwegen stehen die Skispringer ganz im Schatten der übermächtigen Langläufer. Marit Bjørgen, Therese Johaug oder Johannes Høsflot Klæbo sind gefeierte Superstars und Spitzenverdiener. Daniel-André Tande oder Anders Fannemel sind dagegen Exoten und arme Schlucker. Auch weil die Skispringer keine Prämien im Falle eines Olympiasieges erhalten. Deshalb setzen norwegischen Weitenjäger auf eine mehrteilige Dokumentation, die seit drei Wochen vom Privatsender „Max“ ausgestrahlt wird. Dafür begleitete ein Kamerateam die Springer über ein Jahr und vermittelte unbekannte Perspektiven auf das Leben der Athleten. Sie wurden porträtiert mit all ihren Stärken, Schwächen, Emo­tio­nen, Erfolgen und Krisen.

„Das ist für die einzelnen Sportler eine sehr gute Plattform, auf der er sich bei der Suche nach Sponsoren präsentieren kann“, sagt Norwegens Cheftrainer Alexander Stöckl und ergänzt: „Für Firmen ist interessant zu sehen, wie sich die Athleten selbst managen und sie lernen die Menschen kennen, wie sie ticken.“

In Norwegen stehen die Skispringer ganz im Schatten der übermächtigen Langläufer

Die Norweger sind keine Ausnahme, sondern eher die Regel. Dies weiß auch Walter Hofer. Deshalb hat der Renndirektor Skisprung des internationalen Skiverbandes Fis peu à peu die Prämienverteilung geändert. Erhielten früher nur die besten acht Bares, gibt’s jetzt für die 30 Springer, die sich für den zweiten Durchgang qualifizieren, pro Weltcup-Punkt etwa 93 Euro. Für Rang 30 gibt es einen Weltcup-Punkt. „Wir können nur ausgeben, was wir einnehmen“, sagt Hofer entschuldigend. Und bei den Skispringern gibt es keine finanzstarke Industrie. Aber Hofer argumentiert: „Wenn ein Athlet erfolgreich ist, dann hat er auch Sponsoren.“ Und diese Verträge sind meist an Erfolge gekoppelt.

Erstaunlich ist trotzdem, dass gerade bei der Vierschanzentournee, dem Premiumprodukt der Skispringer, der Sieger mit Brosamen abgespeist wird. Während der Abfahrts- oder Slalom-Sieger in Kitzbühel 74.000 Euro erhält, kann der Gewinner der Tournee auf maximal 55.900 Euro Preisgeld kommen. Dann muss er allerdings alle vier Springen gewinnen. Dies ist in 65 Ausgaben bislang nur Sven Hannawald vor 16 Jahren geglückt. Einmal, vor fünf Jahren, war für diese Leistung eine Prämie von 1 Million Euro ausgelobt worden.

Bei den Athleten schmälert die Aussicht auf die doch recht kärgliche Belohnung ihre Begeisterung fürs Skispringen nicht. „Selbstverständlich bin ich Fan“, sagt Severin Freund, „wenn man kein Fan ist, dann ist man als Sportler falsch in der Sportart.“

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