piwik no script img

Mit dem Peugeot ins Willy-Brandt-Haus

58-Jähriger rast Heiligabend mit dem Auto in die SPD-Zentrale, angeblich weil er sich das Leben nehmen wollte. Vor der CDU-Zentrale hatte er zuvor brennbares Material abgelegt

Von Plutonia Plarre

Auf einem Bildschirm neben der provisorisch gesicherten Eingangstür werden Besucher weiterhin aufs Freundlichste begrüßt: „Herzlich willkommen in der SPD“. Der 58-Jährige, der vor drei Tagen in Berlin-Kreuzberg die Bundeszentrale der Genossen aufgesucht hatte, tat das allerdings außerhalb der Öffnungszeiten. Und er kam auch nicht zu Fuß. Heiligabend um kurz vor Mitternacht raste er mit einem blauen Peugeot durch die gläserne Eingangstür in das Foyer des Willy-Brandt-Hauses.

Am Dienstag wurde der 58-Jährige wegen Verdachts der schweren Brandstiftung und Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion einem Haftrichter vorgeführt. Er habe sein Leben beenden wollen, hat der Mann laut Polizei als Tatmotiv genannt. Der Peugeot war Sonntagnacht im Foyer an einer Säule zum Stehen gekommen und in Brand geraten. Die Sprinkleranlage hatte das Feuer aber sofort gelöscht. Der Mann, der eine stark blutende Kopfverletzung erlitten hatte, kam zur Behandlung ins Krankenhaus.

In dem Peugeot befanden sich laut Polizei Gaskartuschen und Benzinkanister. Der Staatsschutz führt die Ermittlungen. Die Tat sei wegen des Gebäudes als politisch eingestuft worden, sagte eine Polizeisprecherin. Bevor der Mann ins Willy-Brandt-Haus fuhr, war er an der CDU-Bundeszentrale in Tiergarten gewesen. Bei seiner späteren Vernehmung hat er laut Polizei angegeben, vor dem Konrad-Adenauer-Haus eine Tasche mit brennbaren Materialien abgestellt zu haben. Ein Pförtner der CDU-Zentrale hatte gegen 23 Uhr eine unbekannte Person dabei beobachtet und die Polizei gerufen, erklärten die Ermittler. In der Tasche hätten sich unter anderem Gaskartuschen und Grillanzünder befunden.

Die Polizei vermutet persönliche Motive und keinen extremistischen Hintergrund

Hinweise auf ein extremistisches Motiv gebe es nicht, sagte eine Polizeisprecherin. Möglicherweise gebe es aber ein persönliches politisches Motiv, das den Mann zu einem Suizidversuch in der SPD-Bundeszentrale bewogen habe. Das-Willy-Brandt-Haus ist leicht zugänglich. Auch im Konrad-Adenauer-Haus könnte ein Auto ins Foyer durchbrechen. Denkbar wäre, Parteizentralen künftig – ähnlich wie einen Weihnachtsmarkt – mit Pollern zu sichern. Entsprechende Forderungen sind aber noch nicht laut geworden.

Außer dem Wachschutz war zum Zeitpunkt des Vorfalls niemand im Willy-Brandt-Haus. Auf die Schnelle ist der Eingang mit einer Pressspannplatte dichtgemacht worden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen