Regierungskrise in Irland: Vize-Ministerpräsidentin tritt zurück
Die Regierungskrise kam Ministerpräsdent Varadkar kurz vor dem EU-Brexit-Gipfel sehr ungelegen. Durch den Rücktritt Frances Fitzgeralds scheint sie beigelegt zu sein.
Der irische Ministerpräsident Leo Varadkar von der konservativen Partei Fine Gael führt eine fragile Minderheitsregierung an. Sie wird von der Oppositionspartei Fianna Fáil unterstützt, die von einem Vertrauensverlust gegenüber Fitzgerald sprach. Die Fianna-Fáil-Partei hatte für Dienstagabend, 21 Uhr, ein Misstrauensvotum angeküngit, sollte Fitzgerald nicht zurücktreten.
Die Regierung lehnte eine Stellungnahme zunächst ab. Auch der staatliche Sender RTE hatte berichtet, Fitzgerald sei zum Rücktritt bereit. Ein Sprecher der Opposition sagte, im Falle eines Rücktritts werde es keine Neuwahlen im Dezember geben. Ministerpräsident Leo Varadkar wollte vermeiden, zum EU-Gipfel als Chef einer nur geschäftsführenden Regierung zu reisen. Die Krise hat das Verhältnis seiner Partei Fine Gael zu Fianna Fail dennoch stark beschädigt. Varadkar hatte sich noch am Montagabend öffentlich hinter seine Stellvertreterin gestellt. Medienberichten zufolge rückten jedoch zuletzt auch in der Regierungspartei führende Politiker von Fitzgerald ab.
Die Regierungskrise kam zu einem kritischen Zeitpunkt der Brexit-Verhandlungen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union, bei denen Irland als einzigem EU-Staat mit einer Landgrenze zum Vereinigten Königreich eine wichtige Rolle zukommt. Beim EU-Gipfel am 14. und 15. Dezember dürfte die Einschätzung der irischen Regierung über die britischen Vorschläge zur Regelung des Grenzverkehrs zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland eine maßgebliche Rolle spielen. Die künftige Regelung des Grenzverkehrs zählt zu den strittigsten Punkten bei den Brexit-Verhandlungen.
Fitzgeralds war wegen ihres Verhaltens im Falle eines Polizisten in die Kritik geraten, der Informationen über Polizeiskandale an die Öffentlichkeit gebracht hatte. Sie hatte zugegeben, über Versuche informiert gewesen zu sein, den Whistleblower zu diskreditieren. Dennoch habe sie nichts unternommen. Der Umgang der Behörden mit dem Whistleblower hatte bereits 2014 zum Rücktritt des Polizeichefs und des damaligen Justizministers geführt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen