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Kommentar Sozialticket in NRWZynisch, aber erwartbar

Kommentar von Andreas Wyputta

Schwarz-Gelb will das Sozialticket in NRW abschaffen. Das Land spart dabei nur wenig – für die Bedürftigen ist es aber eine Katastrophe.

Bunt, aber für einige jetzt unerschwinglich Foto: dpa

K alt lächelnd entlarvt Nordrhein-Westfalens CDU-Verkehrsminister Hendrik Wüst das gern bemühte Gerede vom „christlichen Menschenbild“ der Union als das, was es viel zu oft ist: leeres Geschwätz. Ausgerechnet bei den Ärmsten will der 42-Jährige sparen – und aus der Landesförderung für Sozialtickets im öffentlichen Nahverkehr aussteigen. Bis zu 40 Millionen Euro im Jahr will Wüst so sparen.

Haushaltstechnisch ist das reine Symbolpolitik: Bei für 2018 geplanten Ausgaben von 74,5 Milliarden Euro geht es um ein halbes Promille des Landesetats. Hunderttausenden finanziell abgehängten Menschen aber bedeutet der verbilligte Fahrschein viel: Das Ticket, das in Nordrhein-Westfalens größtem Verkehrsverbund VRR aktuell 37,80 Euro im Monat kostet, sichert ihre Mobilität – und damit gesellschaftliche Teilhabe.

Wüsts Kahlschlag gefährdet nicht nur den Besuch bei verbliebenen FreundInnen oder den Arztbesuch – er nimmt Marginalisierten, denen wegen Geldmangels ohnehin Vereinsamung droht, die Chance, überhaupt aus den Ghettos der Armen herauszukommen. Denn im Regelsatz nach Hartz IV sind gerade einmal 25,77 Euro im Monat für Mobilität vorgesehen. Die Folge: 2015 -neuere Zahlen gibt es nicht – nutzten in dem Bundesland nur rund 290.000 Menschen das Sozialticket – dazu berechtigt wären Millionen.

Zynisch ist es deshalb, wenn Christdemokrat Wüst treuherzig versichert, er setze doch nur ein Wahlversprechen um: Die 40 Millionen sollen künftig in neue Straßen investiert werden. Gerade einmal vier Kilometer Autobahn kann der Verkehrsminister davon bauen. Trotzdem war dieser Zynismus auch erwartbar: Im Koalitionsvertrag der seit Juni regierenden Landesregierung von CDU und FDP kommt aktive Sozialpolitik kaum vor. Gepriesen wird stattdessen die „Familie als das zuverlässigste soziale Netz in unserer Gesellschaft“. Der Staat wird Dir nicht helfen, soll das wohl heißen.

Dass es auch menschlich geht, beweist übrigens die rot-rot-grüne Koalition im ähnlich klammen Berlin. Dort hat der Senat den Preis für das Sozialticket im Sommer gesenkt – auf 27,50 Euro, den nach Hartz vorgesehenen Regelsatz.

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16 Kommentare

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  • Voll von gestern!

    Nix gelernt.

    ...

  • Jau @! & ~>

     

    Bitte Bitte - Unfrieds Peterle -

     

    Dess Grand Performerranwanzkerle

    Net vergesse! - Diese Journaille-Perle!

    Auf die Schnelle - Gellewelle!

    &

    All dess ohne Kotzbeutel - im - Schatzi!

    Freien Durchfall! Ihr Asitazi!

    Na Mahlzeit!

     

    kurz - e-Linkes Portal - Das war einmal!

    Alter Schnee! - Heut' n Fall fürs UWG!

  • Bude in der ZEIT;".....Darauf hatten wir in der Tat gewartet. Die Hoffnung war, dass das Konservative, das Grüne und das Liberale eine neue Mischung hervorbringen würden, in der sich das Land mit seinen hidden champions, seiner niedergerockten Infrastruktur, seinen guten Versorgungseinrichtungen und seinen abgehängten Gebieten wiederfinden kann............"

     

    Hier erleben "WIR" in der Realität, worauf "WIR" in der Tat gewartet haben. Jetzt weiß man, was Prof.HEINZ BUDE und sein "WIR" auch bundesweit so in etwa erwartet haben. Wirtschaftspolitik ist wieder im Angebot, Sozialpolitik wurde aus den Regalen geräumt. Danke FDP

  • Es geht nicht nur um die Hartz IV Empfänger_innen. Die Verkehrsverbünde werden ihre Angebote versuchen beizubehalten und dafür die Preise für alle zu erhöhen. Damit wird dann der ÖPNV weiter benachteiligt. Die untere Hälfte der Einkommen zahlt für diejenigen, die gar nichts haben. Profitieren tut davon die obere Hälfte, die Autohändler und die Autoindustrie. Langfristig verliert Deutschland noch weiter an Wettbewerbsfähigkeit in dem auf Auslauftechnologie gesetzt wird. Das ist aber nichts Neues für Deutschland. Wie lange wurde die Kohle subventioniert, wie lange wurden Stahlwerke subventioniert? Die Industrielobby ist stark in Deutschland - sehr stark. Aber es ist nicht die Industrie insgesamt, es sind die alten Industrien, die statt ihr Geschäftsmodell zu überarbeiten lieber die Politik schmieren um Subventionen und Protektionsmus zu erreichen.

  • Unsozial und fies, also neoliberal.

     

    Diese Politiker sollten sich was schämen!

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...naja, ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben.

  • Sollte es zu einem neuen Bundestags-Wahlkampf kommen, sollte man der CDU und der FDP immer wieder auf das Brot schmieren zum Thema Umwelt, Soziales und Autolobbyismus.

  • Politiker, da sind halt auch A...löcher dabei. Die Armen sind die Entbehrlichen. Ein medienwirksamer Aufschrei bei Zuwanderung oder bei Abschiebung, aber hier fehlen Kampagnen, Wahlplakate, öffentliche Petitionen.

  • Na Servus.

    Aber auch - Welch Wunder - kerr!

     

    Lese mer doch mal rein ins bundesweite ~>

    Positionspapier mit dem Titel

    "Moderner bürgerlicher Konservatismus – Warum die Union wieder mehr an ihre Wurzeln denken muss....

    &

    "Eine sichtbare Akzentuierung auch ihrer bürgerlich-konservativen Wurzel ist aber für die Mehrheitsfähigkeit der Union von zentraler Bedeutung.“

    &

    „Wenn die Union bei dieser Wahl [bundestagswahl 2009] über 40 Prozent erzielen will, braucht sie die politische Mitte. Sie muss aber vor allem auch ihre Stammwähler mobilisieren. Um dieses Ziel zu erreichen, muss sie auch für heimatverbundene Patrioten, überzeugte Christen und wertbewusste Konservative politische Heimat bleiben. Rechts von der Union darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben.“

    gez. Wüst Söder Mißfelder Mappus - Noch Fragen?

    Nö - gell!

    &

    kurz "Eure Armut kotzt mich an!"

    https://de.wikipedia.org/wiki/Hendrik_W%C3%BCst

    • @Lowandorder:

      Gemach Gemach.

       

      Für Polit-Häme ist nur begrenzt Platz.

      Erinnert noch jemand den anderen Steini?

      "Eure Armut kotzt mich an!" ist in dess

      Wahlkreis Mettmann ein mehr als beliebter

      Aufkleber für - that SUVS Cayennes Micedis et al.

      & sodele ~>

      kurz - "Schwarz-Gelb will das Sozialticket in NRW abschaffen." YES.

      That´s - The Top of - Agenda 2010 Hartz IV - only!

      Si´cher dat. Da mähtste nix.

      Normal.

  • Straßen bauen für die Dreckschleudern der Reichen, damit die fahrlässige Tötung Zehntausender pro Jahr mittels KFZ fördern, und keine Armen mehr in den öffentlchen Verkehrsmitteln, voila! Verkehrspolitik der Partei mit dem großen C im Namen.

     

    Hat mal jemand hochgerechnet, wieviele Menschen allein in Deutschland an den Folgen des Individualverkehrs seit dessen Einführung gestorben sind? Mehr oder weniger als in den KZs?

    • @kditd:

      Sie kennen die Zahlen. Ihr Vergleich ist gelinde gesagt schäbig

  • Tja, willkommen im Club der ignorierten Normalbürger - andere Bundesländer kämen nicht im Traum daran, sowas überhaupt einzuführen, also ist es folgerichtig, dass NRW es abschafft. Schließlich brummt doch die Wirtschaft, wir haben Fachkräftemangel, alle reißen sich um Arbeitnehmer und die Löhne steigen wie blöd - oh, stopp, irgendwie letzteres doch nicht. Wie kommt das eigentlich, wenn der Rest wahr ist ...?

    • @Frida Gold:

      Sie können sich die Frage(n) garantiert selbst beantworten. Ich ergreife dennoch die Gelegenheit aufgrund Ihrer Vorlage, um mich ein wenig zu produzieren: Stichwort EZB, rund 2% Preisinflation pro!!!!! Jahr. Ergibt bei der Lohnrunde 2% plus Produktivitätsrate, rund 1 bis 1,5%. Per summa etwa 3 bis 3,5% Lohnsteigerung, pro!!!! Jahr. Meines Wissens nach gab's das nirgends in D, außer etwa ganz ganz oben. Sogar Teile der s.g. Reichen haben verloren.

      Ich habe einmal den Hausjuristen eines örtlichen Gewerkschaftsverbandes gefragt, warum sie nicht mehr mit 10% Forderung in die Verhandlungen gehen, denn die wissen doch um die Erforderlichkeit. Antwort: man büße über die Jahre an Forderungsmentalität ein.

      Dennoch halte ich Organisation für wichtig.

  • Das kommt in NRW gerade überhaupt nicht gut an.