: Haftstrafe für Schlecker beantragt
Vor seiner Insolvenz 2012 soll der Ex-Drogerie-König Vermögenswerte in Millionenhöhe „beiseitegeschafft“ haben. Dafür soll er ins Gefängnis
Aus Stuttgart Christian Rath
Ex-Drogerie-Unternehmer Anton Schlecker soll ins Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft beantragte am Montag vor dem Landgericht Stuttgart in ihrem Plädoyer eine dreijährige Freiheitsstrafe, vor allem wegen strafbaren Bankrotts. Eine Gefängnisstrafe von mindestens zwei Jahren kann nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden.
Schlecker war Alleineigentümer der Schlecker-Drogeriekette, die lange Zeit in Deutschland Marktführer war. Ab Mitte der nuller Jahre ging es aber steil bergab. Die schäbigen Filialen entsprachen nicht mehr dem Zeitgeist. Schlecker war auch nicht mehr der Günstigste. Im Januar 2012 stellte Schlecker einen Insolvenzantrag. Im Juni 2012 machten alle Filialen dicht.
Schlecker wird von der Staatsanwaltschaft nicht die Pleite an sich vorgeworfen. Als „Bankrott“ ist es aber strafbar, wenn „bei drohender Zahlungsunfähigkeit“ der (möglichen) Konkursmasse gezielt Vermögenswerte entzogen werden. So wurde Schlecker vorgehalten, dass er der Logistikfirma LDG, die seinen Kindern Lars und Meike gehört, trotz der drohenden Pleite weiterhin völlig überzogene Preise bezahlte. Damit habe er seine eigene Gesellschaft und die späteren Gläubiger in Millionenhöhe geschädigt. Außerdem soll er seiner Familie einen teuren Antigua-Urlaub sowie den Ausbau einer Wohnung von Lars Schlecker bezahlt haben.
Die Verteidigung betonte, dass Schlecker bis zuletzt an die Rettung seiner Firma geglaubt habe. Er habe nicht versucht, möglichst viel Geld beiseitezuschaffen, sondern mit seinem eigenen Vermögen gehaftet.
Für viele Fragen kommt es darauf an, ab wann „drohende Zahlungsunfähigkeit“ bestand und ab wann Anton Schlecker sich dessen bewusst war. Denn erst ab diesem Zeitpunkt konnte sich Schlecker wegen Bankrotts strafbar machen.
Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass sich die Krise Ende 2009 zuspitzte und Schlecker dies spätestens Ende 2010 verstand. Dagegen argumentierte die Verteidigung, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit frühestens im Mai 2011 eintrat und Schlecker erst im Dezember 2011 den Ernst der Lage akzeptierte.
Die Staatsanwaltschaft stufte das Vorgehen Schleckers teilweise als „besonders schweren“ Fall des Bankrotts ein. Die fortgesetzte Zahlung der überhöhten LDG-Preise sei „überzogen, rücksichtslos und sittlich anstößig“ gewesen. Das wies Verteidiger Norbert Scharf zurück. Es handele sich hier im Gegenteil um einen „besonders minderschweren Fall“.
In dem Prozess sind auch die beiden Kinder Lars und Meike Schlecker angeklagt. Zum einen sollen sie dem Vater bei seinen Taten geholfen haben, zum anderen werden ihnen eigene Straftaten vorgeworfen. So haben sie fünf Tage vor dem Insolvenzantrag der Vater-Gesellschaft in ihrem eigenen Logistikunternehmen 7 Millionen Euro als vorweggenommene „Gewinnausschüttung“ entnommen und auf ihre Privatkonten überwiesen.
Staatsanwalt Thomas Böttger beantragte Freiheitstrafen von zwei Jahren zehn Monaten für Lars Schlecker und von zwei Jahren acht Monaten für Meike Schlecker.
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